Da wir kein eigenes Auto haben, besteht die erste Aufgabe des Tages darin, den vorbestellten Mietwagen am Ku’damm abzuholen. Bekommen einen Opel Insignia Kombi, dessen Länge an die einer Stretch-Limousine heranreicht, wie sie Hollywoodstars benutzen, um bei Filmpremieren standesgemäß vorzufahren. Die Freundin merkt an, sie hoffe, dieses Schiff unbeschadet durch den Berliner Verkehr zu steuern. Der Mitarbeiter des Autoverleihs schaut leicht irritiert.
Es klappt aber alles problemlos und auch die Parkplatzsuche in unserer Straße stellt sich als nur geringfügiges Problem dar.
Zum Glück hat der Mietwagen 5.400 Kilometer inklusive. Da wird man bei der Parkplatzsuche nicht so schnell nervös.
— Betriebsurlaub (@Betriebsfamilie) 31. Juli 2014
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Als nächstes gilt es, die Urlaubslektüre zusammenzustellen. Begebe mich daher in einen Buchladen, um mich durch das ausgestellte Sortiment inspirieren zu lassen. Laufe aber als erstes in einen Tisch mit pseudo-erotischen Romanen, die allesamt von dem unsäglichen Hausfrauen-SM-Roman ’50 Shades of Grey’ inspiriert zu sein scheinen. Da mich das Genre aber wenig anspricht und außerdem die Qualität der schriftstellerischen Leistungen stark zu wünschen übrig lässt, erscheinen die Bücher denkbar ungeeignet, mir die Strandmittage zu verkürzen.
Finde nach langem Suchen eine Auswahl an seichter Lektüre, bei der ich zuversichtlich bin, dass sie mein einfach gestricktes Gemüt erheitern werden. Nun gilt es noch ein paar Sartre- und Houellebecq-Umschläge vorzubereiten, um am Strand bei den französischen Sonnenanbetern ein angemessenes intellektuelles Niveau vortäuschen zu können.
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Zuhause angekommen gehen wir die nächste Herkules-Aufgabe an: Die Vorbereitung des Reisegepäcks. Nach etwas mehr als zwei Stunden ist alles zusammengestellt:
- Kleidung für warmes Wetter
- Kleidung für kaltes Wetter
- Kleidung für den Strand
- 1 Strandmuschel (selbstaufbauend)
- 4 Bettlaken, 4 Bettbezüge und 4 Kopfkissenbezüge
- 8 Handtücher und 4 Strandtücher
- 14 Paar Schuhe
- 2 Taschenmesser
- 1 Navi
- 1 tragbarer DVD-Player fürs Auto
- 1 Box mit CDs und DVDs
- 2 Kindersitze fürs Auto
- 2 Bastelboxen
- 14 Bücher
- 0 Kindle
- 1 Reiseapotheke
- 3 Kulturbeutel
- 2 Handys
- 1 Laptop
- 1 Fotoapparat
- 6 verschiedene Ladekabel
- 3 Gläser selbstgekochte Marmelade
- 1 Kühlbox mit Reiseproviant
- 6er-Pack Wasser (1,5 Liter)
- 6er-Pack Apfelschorle (0,5 Liter)
- 2 Kinderrucksäcke
- 7 Kuscheltiere
- 2 Kuschelkissen
- 1 Wanderzirkus
- 3 Topfpflanzen
- 1 Blumenbeet
- 1 Pony
- 1 Konzertflügel
- Argentinische Staatsanleihen
- u.v.m.
Frage die Freundin, ob es wirklich Sinn macht, dass wir unseren halben Hausrat quer durch Europa kutschieren, und wir nicht lieber stattdessen diverse bretonische kulinarische Köstlichkeiten im Internet bestellen und ein paar Franzosen zu uns nach Hause einladen sollten. Die Freundin schüttelt mit dem Kopf.
Rufe bei der Autovermietung an, schildere unsere missliche Gepäcksituation und frage, ob wir den Kombi gegen einen 7,5-Tonner umtauschen könnten. Der Mitarbeiter nimmt das Anliegen anscheinend nicht wirklich ernst und legt lachend auf. Nun gut, werden wir uns wohl morgen früh auf ein längeres Kofferraum-Tetris einstellen müssen.
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Nachdem wir den Gepäckschock überwunden haben, steht die größte Herausforderung des Tages vor uns: Wir müssen mit den Kindern darum feilschen, welche CDs im Auto gehört werden dürfen.
“Können wir die ‘Hits vom Fritz’ mitnehmen?” “Die sind doch kindisch.” “Ich sing da aber so gerne mit.” “Orrr, aber nicht so laut, Papa.”
— Betriebsurlaub (@Betriebsfamilie) 31. Juli 2014
Wir handeln aus, dass wir zwei CDs von Frederik Vahle sowie einige Ritter-Rost-Hörspiele mitnehmen dürfen. Dafür müssen wir allerdings Konzessionen machen und den Kindern erlauben, diverse TKKG-Folgen und ein paar Drei-!!!-CDs (Objektive und unvoreingenommene Anmerkung des Autors: Bei den drei !!! handelt es sich um das doofe Mädchen-Pendant der drei ???, die sich um so spannende Fälle wie ‘Betrug beim Casting’ oder ‘Die Handy-Falle’ kümmern dürfen.) einzupacken.
Google, ob es erlaubt ist, während man ein Auto steuert, Ohropax zu tragen. Es ist nicht erlaubt. Anscheinend fehlte den engstirnigen und kleingeistigen Schöpfern der Straßenverkehrsordnung die visionäre Weitsicht, dass Eltern im Auto durch Hörspiele aus der Vorhölle gepeinigt werden könnten und davor zu schützen sind. Ein Missstand, den es dringend zu überwinden gilt.
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Gehen erschöpft zu Bett, da schon um drei Uhr der Wecker klingelt, um frühzeitig die Fahrt nach Bonn zu den Freunden anzutreten.
In diesem Zusammenhang noch eine Warnung für die werten Leserinnen und Leser: Fahre morgen das erste Mal seit sechs Jahren wieder Auto. Empfehle Ihnen daher dringend, die Autobahnen zwischen Berlin und Bonn zu meiden und ab Samstag die folgenden vierzehn Tage Frankreich großräumig zu umfahren.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
Wünsche großartige Ferien!
Das kann nur wahnsinnig werden, wenn der Familienbetrieb urlaubt. ;-) Wahnsinnig erholsam?
Ich würde es im Anschluss jedenfalls wahnsinnig gerne lesen, denn mit Sicherheit ist es auch ein bisschen amüsant.
Vielen Dank! Wenn alles klappt, gibt es jeden Tag eine Dosis Urlaubsblog. LG, Christian