Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
31. Januar 2022, Berlin
Ich rufe bei meinen Eltern an, kann sie aber nicht erreichen. Das ist für Montag, 18 Uhr, eher ungewöhnlich. Der Grund für ihre Unerreichbarkeit, den ich später erfahre, ist noch ungewöhnlicher: Sie waren auf einer Demo. Ich glaube, das erste Mal in ihrem Leben. Mit Mitte und Ende 70. Auf einer Anti-Anti-Corona-Maßnahmen-Querschwurbler Demo. Erstaunlich, dass es in Westerburg überhaupt Anti-Corona-Maßnahmen-Querschwurbler-Aufmärsche gibt, gegen die demonstriert werden muss. Umso schöner, wenn es jemand tut. Und noch schöner, wenn die eigenen Eltern dabei sind.
Der Pfarrer, der mich Ende der 1980er konfirmiert hat, hatte zu der Kundgebung aufgerufen und mein alter Lateinlehrer hat bei der Versammlung Gitarre gespielt. (Das klingt jetzt gruseliger, als es ist. Während seines Studiums war mein Lateinlehrer ein ambitionierter Liedermacher im Kölner Raum und er hatte seine fünfzehn Minuten Ruhm, als er mal gemeinsam mit Wolfgang Niedecken im Radio interviewt wurde.)
Damit war das Setting Anti-Anti-Corona-Maßnahmen-Querschwurbler Demo fast wie auf einer der größten Demos, auf der ich war. Das war 1992 in Frankfurt das Heute die, morgen du-Konzert gegen rechtsextreme Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Dort traten allerdings unter anderem die Fantastischen Vier, Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und Marius Müller-Westernhagen auf und nicht mein alter Lateinlehrer. (Wäre er gefragt worden, hätte er aber bestimmt mitgemacht.)
01. Februar 2022, Berlin
Das Zimmer des Sohns ist fertig renoviert und neu eingerichtet. Mit einer Kleiderstange statt Kleiderschrank, Regalbrettern für seine Schuhe, einem neuen Schreibtisch mit LED-Leiste und an den Wänden hängen die Metallposter, die er zu Weihnachten bekommen hat. Alles in allem sieht es ziemlich gut aus. Zumindest, wenn du großzügig über die Stellen hinwegsiehst, die nicht so ordentlich gestrichen sind. Es wirkt lediglich noch ein wenig steril und unbewohnt.
Meine Frau ist zuversichtlich, dass sich das sehr schnell ändern wird. Sie zählt auf den Unordnungsfimmel des Sohns und dass sich schon bald Schulbücher, schmutziges Geschirr und alte Klamotten auf dem Boden, den Regalen, dem Schreibtisch und sonst wo ausbreiten. Dann sähe das Zimmer wie eine richtige Teenager-Bude aus.
02. Februar 2022, Berlin
Heute ist Groundhog Day. Der Tag, an dem jedes Jahr in Punxsutawney das Murmeltier Phil hervorgeholt wird, damit es das Wetter für die nächsten sechs Wochen vorhersagt, und dem mit Und täglich grüßt das Murmeltier mit Bill Murray und Andie Macdowell ein filmisches Denkmal gesetzt wurde.
Und täglich grüßt das Murmeltier ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Wahrscheinlich, weil ich Regelmäßigkeiten, Routinen und Strukturen mag. Und I got you babe von Sonny & Cher, das Lied, mit dem Bill Murray jeden Morgen geweckt wird.
Wenn der Film früher auf irgendeinem Sender lief, habe ich ihn immer geschaut. Heute gibt es ihn mindestens in einer der Bibliothek der drei Streamingdienste, die wir abonniert haben, und ich könnte ihn jeden Tag anschauen. So gerne mag ich ihn dann aber doch nicht.
Murmeltier Phil hat dieses Jahr beim Aufwachen aus dem Winterschlaf übrigens seinen Schatten gesehen. Das heißt, es wird noch für sechs Wochen Winter bleiben. Schönen Dank, Phil!
03. Februar 2022, Berlin
Als wir abends im Bett liegen, laufen zwei Männer am Haus vorbei. Anscheinend erzählt einer der beiden etwas wahnsinnig Komisches, denn der andere lacht unfassbar laut. Es ist allerdings kein besonders schönes Lachen, sondern ziemlich hoch und schrill. Fast schon hysterisch. Ein wenig gruselig, aber gleichzeitig faszinierend.
Ich habe noch nie in meinem Leben so laut gelacht. Mit dreizehn hatte ich mal im Zeltlager mit meinen Freunden Maic, Joachim und Karsten einen Lachflash. Ich weiß nicht mehr wegen was, aber es war bestimmt irgendetwas Pubertäres. Wir haben damals sehr ausgiebig gelacht, aber das war eher ein unterdrücktes Kichern im Vergleich zu dem eruptiven Lachausbruch des Mannes auf der Straße.
Was der andere Mann wohl erzählt, dass diese Lachexplosion ausgelöst wurde? Vielleicht einen Furz-Witz. Furz-Witze gehen immer und etwas in der Art war wahrscheinlich auch Auslöser für unseren Zeltlager-Lachanfall.
04. Februar 2022, Berlin
Happy Birthday, Frank Zander! Der gute Frank wird heute 80 und mich verbindet mit ihm eine etwas peinliche Geschichte. Hier kommt Kurt war eine der ersten Singles, die ich mir in meinem Leben gekauft habe. Ich war damals vierzehneinhalb und damit entschieden zu alt, um das heute mit einer frühkindlichen Geschmacksverwirrung zu erklären.
Seinerzeit gab es einen Musikversandservice, bei dem du für jede Platte, die du gekauft hast, Punkte gesammelt hast, die du dann für weitere Platten einlösen konntest. Ich machte unter meinen Freunden eine Sammelbestellung und habe mir dann außer Hier kommt Kurt noch folgende Singles ausgesucht:
- Absolute Beginners von David Bowie, weil ich seinen Hut und Trenchcoat so cool fand.
- I just died in your arms tonight von Cutting Crew, weil ich mir vorstellte, wie ich bei diesem Song ein Mädchen im Arm halte. (Spoiler Alert: It never happened!)
- Verdammt ich lieb dich von Matthias Reim, wofür mir heute keine rationale Erklärung mehr einfällt.
Anscheinend war ich schon in jungen Jahren eine komplexe Persönlichkeit mit einem sehr fragwürdigen Musikgeschmack.
05. Februar 2022, Berlin
Heute ist Welt-Nutella-Tag. Und Eis-zum-Frühstück-Tag. Und Nationaltag des Schokoladen-Fondues. Klingt alles wie Erfindungen der Schokoladen- und Zuckerindustrie – oder der Zahnärztekammer –, aber das ist mir egal. Der 05. Februar ist ab jetzt mein Lieblingstag.
06. Februar 2022, Berlin
Morgen beginnt für meine Frau und mich unser alljährliches Saftfasten. Eine Tradition, die wir vor sieben Jahren begonnen haben. Bei unserem ersten Saftfasten quälten wir uns noch mit regelmäßigen Sauerkrautsafteinnahmen sowie mit abseitigen Gemüsesäften, von denen mir insbesondere der Rote-Beete-Saft in schlechter Erinnerung geblieben ist. Inzwischen sind wir auf Obstsäfte und Smoothies umgestiegen. Das widerspricht zwar dem Saftfastendogma, aber in der Fastenwoche geht es ja auch darum, sich etwas Gutes zu tun, und das tust du definitiv nicht, indem du morgens um 6.30 Uhr Sauerkrautsaft trinkst.
Am heutigen Entlastungstag sollen sich Körper, Darm und Geist darauf einstellen, dass es in den nächsten Tagen keine feste Nahrung gibt. Auf dem Speiseplan stehen ungesüßter Haferbrei mit Hafermilch, Rohkost und Knäckebrot. Da ist die Aussicht, ab morgen nur noch Saft zu trinken, nicht mehr ganz so schlimm.
Buch-Tipp der Woche
Arne Ulbricht, den die Stammleser:innen möglicherweise von diversen Rezensionen hier auf dem Blog kennen – zuletzt sein sehr lesenswerter Coming-of-Age-Vergangenheitsreise-Roman Schilksee 1990 – hat Anfang des Jahres sein neuestes Buch veröffentlicht. In dem Großstadtroman Aulaskimo, der in Berlin spielt, erleben zwei Eltern ein Horrorszenario: Ihr siebenjähriger Sohn und ihre vierjährige Tochter dürfen alleine mit der S-Bahn eine Station fahren. Dort sollen sie warten, aber als die Eltern nachkommen, sind die beiden nicht aufzufinden. Es beginnt eine verzweifelte Suche der Eltern nach den Kindern, die zunehmend zu einer Suche nach sich selbst wird und ihre Beziehung zunehmend infrage stellt.
Die Handlung umfasst einen relativ kurzen Zeitraum von einem halben Tag und einer Nacht und ist sehr dicht und fesselnd aus den unterschiedlichen Perspektiven der Protagonist:innen geschrieben. Ein sehr spannendes Buch, dem ich lediglich vorwerfen kann, dass ich abends viel zu lange darin gelesen habe, wodurch mein bitter nötiger Schönheitsschlaf zu kurz kam.
Auf dem YouTube-Kanal der Edition Outbird gibt es eine Leseprobe, vom Autor höchstselbst vorgetragen.
Freundlicherweise haben mir der Verlag und Arne Ulbricht neben meinem Leseexemplar ein weiteres Buch zur Verfügung gestellt. Unter allen Leser*innen, die bis Donnerstag, den 10.02.2022, einen Kommentar unter diesem Beitrag hinterlassen, verlose ich dieses Exemplar. Sogar signiert. (Also, von Arne Ulbricht, nicht von mir.) Der Rechtsweg ist ebenso wie der Linksweg ausgeschlossen, eine Auszahlung des Gewinns ist nicht möglich, alle E-Mail-Adressen werden nach Abschluss der Verlosung DSGVO-konform gelöscht, bliblablö …
Arne Ulbricht: Aulaskimo. Edition Outbird. 2022. (Affiliate Link)
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
Ich lese seit ein bisschen mit und freue mich jedesmal. Da kann ich das Gewinnspiel ja als Gelegenheit zum Danke sagen nutzen.
Das Buch klingt spannend, würde ich gerne lesen
Danke für Deine Familien-Tweets!
Das Buch hätte ich auch gerne – ich werfe mich mal in die Lostrommel 😉
Das Buch hört sich wirklich sehr spannend an. Ich versuche mal mein Glück.
PS: Bitte lass uns doch auch dieses Jahr wieder an den Saftkurfasttagen teilhaben. Oder wie man diese Tage nennen mag 😅
Viele Grüße aus Bayern
Juhu, juhu! Also wenn es ein Gewinn wird, sonst freut sich mein Buchhändler.
Das Buch klingt sehr spannend und vielleicht gewinne ich es ja zum Geburtstag am 10.2.!
Danke für die Wochenschau, lese ich immer wieder sehr gerne!
Ich würde auch in die Lostrommel steigen. Viele Grüße Steffi
Ich bekomme bei der Buchbeschreibung direkt schon Schnappatmung (habe einen knapp 5 und 7jährigen daheim und diskutiere eh schon gerne mit der besseren Hälfte)…ich brauche dringend die Auflösung und damit das Buch bitte!
Danke für den sonntagabendlichen Höhepunkt – du linderst damit den Wochendendschmerz immer ein wenig :-)
Ich lese hier immer sehr gern mit, weil ich Ihren Humor mag. Das Buch hört sich sehr fesselnd an, das würde ich wohl auch nicht mehr aus der Hand legen können… Deshalb versuche ich mein Glück und hüpfe in den Lostopf!
Einen guten Start in die neue Woche!
Viele Grüße von Sonja
Das Buch klingt super, ich würde es sehr gerne lesen und melde mich hiermit fürs Gewinnspiel an.
Habe die Safttragödie von 2015 nachgelesen und sehr gelacht :-D
Viel Spaß beim Fasten.
Jede Woche mein Schmunzelmoment, danke dafür. Über das Buch freue ich mich auch. Viel Erfolg und innere Ruhe während dem Fasten.
Immer wieder so erheiternd zu lesen, dabei klizeine Quarantänewoche doch gut aus. Berliner Flair auch zum Lesen … würde mich freuen
Das war ja eine aufregende Woche: Von Demo bis Saftfasten war alles dabei. Plus Buch on Top! Ich melde mich hiermit auch für den Lostopf
Das Buch klingt sehr spannend. Da mache ich gerne bei der Verlosung mit.
Ich habe noch nie was gewonnen. Das muss doch reichen, oder?
Oh das wäre genau die kleine Flucht, die ich mit 4 Kindern und in Quarantäne gerade gut brauchen könnte…😅
Ich mag auch gerne an der Verlosung teilnehmen:)
Das Buch klingt äußerst fesselnd auch wenn ich bei der kurzen Beschreibung schon Gänsehaut bekommen habe, deshalb möchte ich umso mehr wissen wie es ausgegangen ist. Ich würde gerne an der Verlosung teilnehmen
Ich habe deine Newsletter abonniert, lese alles mit, habe aber noch nie kommentiert. Aber hey, da gibt es ein Buch! Ich bin dabei 🙂
Klingt spannend, würde ich gerne lesen. Vielleicht hab ich ja Glück…
Das Buch klingt spannend, mir ist ähnliches im Teenageralter in der Prager Metro passiert, das war schon aufregend genug…
Vielen Dank für die immer unterhaltsamen Wochenrückblicke!
Ich möchte das Buch bitte nur gewinnen, falls am Ende die Kinder wieder wohlbehalten bei den Eltern ankommen 🙈
Vielen Dank für die Wochenrückblicke immer!
Das Buch klingt sehr spannend. Und schlecht im Bücher abends weglegen bin ich sowieso, da kann das nicht so schaden :) viel Spaß bei der Fastenwoche!
Ich möchte bitte, dass das Buch von beiden signiert ist. Das würde ich schön finden, wenn ich es gewinne. LG
Jetzt würde ich aber gerne wissen, warum der Mann gelacht hat! Wir werden es nie erfahren.
Einen guten Start in die Woche und viele Grüße aus Pankow
Die Familientweets sind jede Woche ein Highlight, den Wochenbericht lese ich auch gerne, und wenn dann noch ein spannendes Buch herausspringen kann….
Das Buch klingt nach Spannung. Ich springe in den Lostopf.
Moin,
ich muss hier doch gelegentliche Parallelen feststellen. Die Single von Matthias Reim hatte ich auch und den Text kann ich glaube ich immer noch komplett mitsingen. Gott sei Dank läuft es nicht so häufig… Meine erste Single war aber Ferry cross the Mersey, die Charity Version für die Opfer des Fußballstadion-Unglücks. Ich war wohl schon 1989 ein Gutmensch :-)
Viele Grüße,
Alex
Vielen Dank für das literarische Highlight, das ich mir immer für den Wochenstart aufhebe 😊 gerne würde ich es um das Buch ergänzen!
“Bliblablö” ! Herrlich – das muss ich mir merken ! 🤣
Da ich gar nicht weit vom Titel des ersten Buches von Herrn Ulbricht wohne und das zweite Buch sehr spannend klingt, betrachte ich diesen Zusammenhang als Wink des Glücksloses – und “bewerbe mich um die Zuteilung” ! 😄
Grüße aus Schleswig-Holstein !
P.S. Für “Verdammt, ich lieb’ dich” muss man sich nicht schämen! Immer noch ein mitreißender “Mitsinger” !!
bin hier vor ca. einem jahr durch zufall gelandet und freue mich jede woche auf die familientweets und wochenschau. und jetzt würde ich mich auch über das buch freuen. (ich schreibe am handy (fast) immer alles klein).
Hallo,
ich würde mich dann auch sehr gerne an dem Gewinnspiel beteiligen.
Ich würde es auch verkraften, wenn ein Christian Hanne Autogramm im Buch wäre..quasi als Bonus..oder als Strafe..je nachdem:)
Gönne es aber auch jedem anderen (immerhin haben die Leser der Seite hier Geschmack..sonst wären sie nicht da)
Grüße