Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
15. Februar 2021, Berlin
Meine Frau und ich sind erfreut, aber auch etwas irritiert: Der Sohn hatte letzte Woche freiwillig und ohne Aufforderung unsererseits seinen Schreibtisch aufgeräumt und die diversen Arbeitsblätter, die sich im Laufe des Home Schoolings angesammelt hatten, sortiert. Wir müssen uns aber trotzdem keine Sorgen machen, dass er von Aliens entführt und ausgetauscht wurde, denn seit Tagen liegen jetzt die Papierstapel auf dem Boden rum. Laut eigener Aussage hat ihn nach dem ganzen Aufräumen und Sortieren die Energie verlassen, um die Zettel auch noch abzuheften. Das verstehe ich voll und ganz. Nach einem Jahr Corona fehlt uns allen die Energie.
16. Februar 2021
Unsere neue Waschmaschine wird heute geliefert. Damit die alte Maschine mitgenommen wird, mussten wir sie vor der Wohnungstür abstellen. Wie es sich für jemanden gehört, der sein Geld mit geistiger Arbeit mit Arbeit am Schreibtisch verdient, hatte ich im Internet professionelle Tragegurte bestellt, damit der Sohn und ich die Maschine die fünfzehn Meter vom Bad in den Hausflur geschleppt bekommen. Die Gurte haben den hübschen Namen Shoulder Dolly. Das gefällt mir. Die Shoulder Dolly hilft den Trage Dullies. Außerdem sorgt es für eine enge emotionale Bindung zu deinen Tragegurten, wenn sie einen Namen haben. (So wie zu den Maschinen in “Freddy Leck sein Waschsalon”.)
Auf der Verpackung, in der die Gurte geliefert wurden, tragen eine Frau und ein Mann scheinbar mühelos eine Waschmaschine. Das stimmt mich hoffnungsfroh. Die Frau schaut aber etwas verstrahlt. Vielleicht weil sie sich dolle freut, dass sich die schwere Maschine mit den tollen Gurten so leicht transportieren lässt. Oder sie hat sich beim Anheben einen Nerv im Rücken eingeklemmt und leidet unter fürchterlichen Schmerzen.
Aber die Shoulder Dolly hält was sie verspricht. Der Sohn und ich haben zwar fast eine Viertelstunde gebraucht, um die Gurte anzulegen, dann ließ sich die Maschine jedoch tatsächlich relativ easy vor die Tür tragen. Allerdings wird unsere Leistung heute ein klein wenig geschmälert: Einer der Spediteure trägt die neue Maschine alleine auf dem Rücken die Treppe hoch.
17. Februar 2021, Berlin
Heute ist Aschermittwoch. Anfang der Fastenzeit, der Startschuss, um sich sieben Wochen im Verzicht zu üben. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob eine Pandemie, in der wir uns alle einschränken, unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum beschränken und in einer Art neuntem Höllenkreis aus Homeoffice, Home Schooling und Home Kinderbetreuing gefangen sind, der richtige Zeitpunkt ist, um auf Süßigkeiten, Alkohol, Koffein oder Fernsehen zu verzichten.
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Apropos Koffein: In der aktuellen Folge des „Conan needs a friend”-Podcasts erzählt Foo Fighters-Sänger Dave Grohl, dass er mal, nachdem er an einem Tag acht Kannen Kaffee getrunken hat, beim Arzt eingeliefert wurde. Acht Kannen Kaffee sind eine wirklich respektable Leistung. Für die Rockstar-Credibility ist eine Koffeinüberdosis aber wahrscheinlich trotzdem wenig zuträglich.
„Hey Dave, warum wurdest du ins Krankenhaus eingeliefert? Alkoholvergiftung? Zu viele Drogen?”
„Ich hatte zwei große Cappuccini und einen Milchkaffee.”
18. Februar 2021, Berlin
Beim Joggen kommt mir ein Mann mit Hund entgegen. Eine skurrile Mischung aus Sennenhund, Pitbull und Dackel. (Der Hund, nicht der Mann.) Er tut mir ein bisschen leid. (Wieder der Hund und nicht der Mann.) Wenn deine Beine bessere Laufwarzen sind, nützen dir selbst Pitbull-Gene nichts, um dir in der Hunde-Community Respekt zu verschaffen. Das ist so, als hättest du die Nackenmuskulatur eines Schwergewichtsringers, aber den Bizeps eines Schachspielers. Da wird es auch eher schwierig, der König im Viertel zu werden.
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Neuerliche Verwirrung um den Sohn: Als ich ihn beim Abendessen frage, ob er Salat möchte, antwortet er: „Ja, ein bisschen.“ Vielleicht wurde er doch von Aliens entführt und ausgetauscht.
19. Februar 2021, Berlin
Gestern Abend ist der Nasa-Rover Perseverance auf dem Mars gelandet. Er war sieben Monate unterwegs, ist rund 470 Millionen Kilometer durchs All geflogen, wurde von einer Geschwindigkeit von mehr als 20.000 km/h auf Schritttempo abgebremst und kam exakt an der vorher ausgerechneten Stelle auf. Faszinierend, wozu Menschen in der Lage sind. Noch faszinierender ist lediglich, dass die Frau in der Supermarktschlange hinter mir trotz der hell leuchtenden Markierungsstreifen auf dem Boden nicht in der Lage ist, den Sicherheitsabstand von anderthalb Metern einzuhalten.
20. Februar 2021, Berlin
Meine Mutter hat heute Geburtstag. Sie wird 75. Ich kann mich noch daran erinnern, als meine Großmutter väterlicherseits 75 wurde. Ich war damals ungefähr sechs Jahre alt, ziemlich klein für mein Alter und hatte eine blonde Lockenmähne, um die mich Rauschgoldengel beneideten. Circa ein Jahr vorher hatte ich mit dem Geigenspielen angefangen und gab auf der Geburtstagsfeier mein gesamtes Repertoire zum Besten. Es bestand aus Hänschen klein und Summ, summ, summ, Bienchen summ herum. Die betagte Ü70-Gästeschar war hellauf begeistert von dem „kleinen Mozart“ – nicht meine Worte, sondern die einer Freundin meiner Großmutter, die wahrscheinlich an fortgeschrittener Taubheit litt – und ich wurde mit 5-Mark-Stücken überhäuft. Es war der kommerziell – und wahrscheinlich auch künstlerisch – erfolgreichste Auftritt meiner Geigenlaufbahn und ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Meine Mutter ist sicherlich trotzdem froh, dass ich ihr zur Feier des Tages kein Ständchen fiedel.
21. Februar 2021, Berlin
Merkwürdige Lauf-Erlebnisse, die Nächste: Ich sehe heute morgen einen Typen, der mit den Händen in den Hosentaschen joggt. Das Demütigende dabei: Er überholt mich und ist so schnell, dass ich ihm nicht folgen kann.
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Auf Twitter sammelt ein User Corona-Schlagzeilen, die vor einem Jahr zu Irritationen geführt hätten.
Hier ein paar Highlights
- Merkel urges Germans not to kill their grandparents this Christmas
- Polizei entdeckt zahlreiche Touristen in Kölner Hotel
- Hameln: Ermittlungen zu illegalem Kindergeburtstag mit 30 Gästen eingeleitet
- Hannover: Polizei löst illegale Dominorunde in Imbiss auf
- Kitas und Schulen bleiben dicht – Kretschmann: „Die Mutanten sind da“
- Fleischerei lockt Kunden mit Klopapier
- Klopapier wird Chefsache: Edeka-Marktchef gibt’s persönlich raus
- Bordelle wieder offen: Anschober rät von Gruppensex ab
- Gesundheitsbehörde rät zu Masturbation
- Lebendige Schlange als Mund-Nasen-Schutz im Bus in England nicht zulässig
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
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