Eine kleine Wochenschau | KW08-2023 (Teil 2)

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22. Februar 2023, Berlin

Ich wache auf, bin schlapp und ich nehme alles nur dumpf wahr. Als hätte ich mir einen Eimer mit Watte übergestülpt. Oder als würde mein Kopf in einer Glocke stecken, in die außerdem noch eine Wolldecke gestopft wurde. Dabei habe ich doch erst einen Tag gefastet.

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Damit dein Körper während des Fastens die Stoffwechselproduktion nicht komplett runterfährt, ist es wichtig, sich trotzdem körperlich zu betätigen. Ich gehe laufen, aber nur ganz langsam. Gegen Ende der 10-Kilometer-Runde fühlt es sich an, als würde mir mit jedem Schritt mehr Energie entzogen. Und mit gegen Ende meine ich, nach ungefähr drei Kilometern.

Dass körperliche Anstrengung auch während des Fastens möglich ist, beschreibt die Limitless-Doku am Beispiel der Hadza, einem Stamm in Tansania, dessen Mitglieder häufig tagelang ohne Essen auskommen. Trotzdem gehen sie auf lange und kräftezehrende Jagden. Angeblich macht sie die Nahrungsknappheit sogar zu besseren Jägern. Das soll mit der Keton-Produktion zusammenhängen. Diese wird durch die Nahrungsdeprivation angekurbelt und Ketone sind so etwas wie Notenergie für Körper und Geist. Sie fördern die Konzentration und erhöhen die Wahrnehmung. In der Doku kommt nicht eindeutig raus, ob die Hadza absichtlich fasten, um ihre Sinne für die Jagd zu schärfen, oder ob sie fasten müssen, weil sie nichts fangen.

So energielos wie ich den Spreeweg entlangkrieche, hatte mein Körper wohl noch keinen Bock auf Keton-Produktion. Das ist eines Hazdas vollkommen unwürdig. Dass meine Sinne besonders geschärft sind, kann ich auch nicht behaupten. Das muss aber nicht von Nachteil sein, wenn du an überquellenden Mülleimern oder an Hunden, die gerade ihre Notdurft verrichten, vorbeiläufst.

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Mittags gehe ich einkaufen. Meine Frau braucht Orangen für ihre Smoothies. Außerdem soll ich ihr für eine Veranstaltung morgen zwei Packungen Kekse mitbringen. Die Kekse auf der Verpackung sehen köstlich aus. Am liebsten würde ich den Karton aufreißen und das Gebäck wahllos in mich reinstopfen. Vielleicht würde es schon helfen, wenn ich mal an der Kekspackung lecke. Es sind aber zu viele Kund*innen im Supermarkt, so dass ich das lieber unterlasse. So scharf sind meine Sinne doch noch, um zu wissen, dass an Kekspackungen lecken, nicht als sozial akzeptierte Verhaltensweise gilt.

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Die Tochter ruft abends an. Sie hat es diese Woche auch nicht leicht. In Carlow ist Rag Week. Das hat aber nichts mit Lumpen zu tun. Rag steht für Raising Gifts. Wie das genau mit dem Gift raising funktioniert, weiß die Tochter nicht. Die Woche besteht hauptsächlich daraus, jeden Abend feiern zu gehen. Scheinbar werden die Gifts für die Pub- und Clubbetreiber geraist.

Die Iren mögen anscheinend Abkürzungen. Anfang Februar gab es bereits eine Shag Week. Da ging es aber nicht um freie Liebe, Sex und den Austausch von Körperflüssigkeiten, sondern um Sexual Health Awareness and Guidance. Ich bin gespannt, für was Die Booze, die Drugs und die Fuck Week stehen.

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In der abendlichen Supernatural-Folge isst einer der Protagonisten einen vierstöckigen Waffelturm mit Sahne, Früchten und Ahornsirup. Dabei lässt er sich unnötig ausschweifend darüber aus, wie lecker und schmackhaft die Waffeln sind. Mir fehlt die Energie, um nach der Fernbedienung zu greifen und die Szene vorzuspulen.

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Wache nachts auf und denke an Toast Hawaii. Toast Hawaii ist definitiv kein kulinarisches Highlight. Das letzte Mal habe ich wahrscheinlich vor 35 Jahren Toast Hawaii gegessen. Oder sagen wir lieber mit zwölf. Das klingt weniger nach „Opa erzählt von früher“.

Als Kind mochte ich Toast Hawaii nicht einmal besonders. An der heißen Ananas habe ich mir immer den Gaumen verbrannt. Jetzt würde ich ein Königreich für einen Toast Hawaii geben. Allerdings habe ich gar kein Königreich. Somit bleiben meine Toast-Hawaii-Gelüste unerfüllt.

23. Februar 2023, Berlin

Nach zwei, drei Tagen ohne Nahrung soll sich das sogenannte Fastenhoch einstellen. Glückshormone werden verstärkt ausgeschüttet, Stresshormone reduziert, du fühlst dich entspannt, erholt und unter Umständen sogar euphorisch. Das Fastenhoch hat aber vergessen, bei mir vorbeizuschauen. (Wahrscheinlich hängt es mit der Keton-Produktion ab und isst Pommes.) Als ich aufwache, bin ich antriebslos, nur mäßig gut gelaunt und das erste, an was ich denke, ist Pizza Margarita mit gefülltem Käserand.

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Mittags fange ich mit der Steuererklärung für letztes Jahr an. Das trägt auch nicht gerade zur Verbesserung der Laune bei. Vor allem die Frage des Programms, ob ich Geschäftsessen von der Steuer absetzen möchte.

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Später recherchiere ich im Internet nach Rezepten für Apfel-Streusel-Käsekuchen. In der Hoffnung, Bilder von leckeren Kuchen heitern mich auf. Spoiler Alert: Tun sie nicht.

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Bei Supernatural wird schon wieder unnormal viel gegessen. Ich grusle mich inzwischen weniger vor den Szenen, in denen blutrünstige Vampire oder gewalttätige Dämonen Menschen meucheln, sondern mehr vor den Momenten, wenn irgendjemand in einen Burger oder eine Pizza beißt.


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