22. März 2024, Berlin
Heute verkleiden sich die Abiturient*innen als Filmhelden. Zunächst hatte sich der Sohn für Rocky entschieden. (Grauer Trainingsanzug, graues T-Shirt, Chucks, schwarze Mütze und weiße Handbandagen.) Dann schlug ein Mädchen aus seinem Jahrgang vor, sie ginge als Bond-Girl und da könne er doch ihr James Bond sein. Der Sohn war sofort überzeugt – so wie jeder (heterosexuelle) Teenager, dem sich eine Klassenkameradin als Bond-Girl andient. Somit geht er heute in Smoking mit Weste, weißem Hemd und schwarzer Fliege (alles von seinem Großvater geliehen) in die Schule.
Der Sohn meint, dass sei auch für uns ein gutes Kostüm, weil wir dafür nichts extra kaufen müssten. Schön, dass der Junge an uns denkt.
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Ungewöhnliche Einkaufswagen-Knappheit bei Penny. Muss mich in eine Schlange einreihen und auf einen freien Wagen warten.
Ein junger Mann ist mit dem Verpacken seiner Einkäufe fertig und verschließt seinen Rucksack. Dann öffnet er ihn wieder, macht ihn erneut zu, zieht ein paar Schnüre fester, lockert sie, öffnet und verschließt den Rucksack ein weiteres Mal. Minutenlang. Die Wartenden werden allmählich unruhig und missmutig.
Eine ältere Frau räumt in aller Seelenruhe Lebensmittel in ihren Einkaufstrolley. Holt sie teilweise wieder raus, arrangiert sie neu, ist immer noch unzufrieden, packt den Trolley noch einmal um, stellt fest, dass eine Packung Salzstangen nicht mehr reinpasst und startet den Einräumvorgang von vorne.
Haben diese Menschen noch nie im Leben Einkäufe verräumt und machen das heute zum ersten Mal?
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In seiner freitäglichen Wochenmail zieht der Schulleiter eine insgesamt positive Mottowochen-Bilanz. Die Schüler*innen hätten alles in allem gesittet gefeiert und auch von den Anwohner*innen hätte es keine Klagen gegeben. Allerdings seien fünf Besen aus der Schule mitgenommen und beschädigt zurückgebracht worden. Er erwarte, dass diese ersetzt würden.
Fünf beschädigte Besenstiele. An einem altsprachlichen Gymnasium fällt das unter Peak-Vandalismus.
23. März 2024, Berlin
Vom Zivildienst geträumt. Nicht von meinem tatsächlichen Zivildienst mit 19/20, sondern einem weiteren mit Ende 40. In welcher Einrichtung bleibt unklar. Alle Beteiligten sind verwirrt, was sie mit einem 48-jährigen Zivi anfangen sollen. Vor allem weil es keinen Zivildienst mehr gibt.
Was will mir mein Unterbewusstsein mit diesem Traum sagen? Dass ich ein Helfersyndrom habe? Oder Probleme mit dem Älterwerden habe und mich nach meiner Jugend zurücksehne?
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Entgegen meiner leichtsinnigen Ankündigung von letzter Woche, der Frühling sei unwiderruflich da, hat er sich verzogen. Dafür ist der Herbst vorbeigekommen. Diese Woche schon das zweite Mal Laufrunde bei kühlen Temperaturen (lange Hose), starkem Wind und noch stärkerem Regen. Den Elementen der Natur ganz nah. Unmittelbar, unverfälscht, unverfremdet. Und sehr unangenehm.
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Gestern und heute hat der Philosophie-Leistungskurs des Sohns in der Stadt ein Philo-Café betrieben. Interessierte konnten sich bei Kaffee und Kuchen mit den Schüler*innen über philosophische Themen austauschen.
Das Fazit des Sohns fällt skeptisch aus. Er musste sich mit einem Mann unterhalten, „der wie ein Querdenker aussah“. (O-Ton des Sohns) Außerdem hätte der viel zu viel Energie gehabt. Wie jemand auf Speed oder Kokain. Möglicherweise war der Mann aber gar nicht so energiegeladen, sondern der Sohn nach fünf Tagen Mottowoche einfach geistig sehr, sehr verlangsamt.
24. März 2024, Berlin
Spam-Kommentar auf dem Blog. „Seien Sie attraktiv!“, schreibt eine Frau. Im Befehlston, aber zumindest nicht in Großbuchstaben. Sie verweist auf einen Webshop, der unter anderem Herren-Leggings anbietet. Wie das bei der angemahnten Attraktivität helfen soll, bleibt mir schleierhaft. Schließlich zählen Leggings zu den Top3 der unkleidsamsten Kleidungsstücke. (Neben Kurzarm-Hemden und Cargo-Hosen in dreiviertel Länge)
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)