Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
05. April 2021, Berlin
Wir vertreiben uns den österlichen Montagnachmittag mit Spielen. Unter anderem mit Dr. Bibber. Falls Sie das nicht kennen: Zweck des Spiels ist es, aus einem Patienten mit einer Pinzette verschiedene Gegenstände zu holen, ohne dabei den Metallrand der jeweiligen Öffnungen zu berühren. Sonst wird ein Geräusch ausgelöst, die Nase des Patienten leuchtet rot und der oder die Nächste ist dran.
Wir spielen mit sehr viel Spaß und sehr wenig Talent. Hoffen Sie einfach, dass Sie nie in eine medizinische Notlage geraten, in der Sie darauf angewiesen sind, von einem Mitglied unserer Familie ärztlich behandelt zu werden. Zum Beispiel, wenn Sie einen Splitter im Finger haben. Oder Ihr Blinddarm entfernt werden muss. Oder eine OP am offenen Herzen ansteht. (Wir nehmen ohnehin nur Privatpatienten.)
06. April 2021, Berlin
Auf meiner üblichen Laufstrecke an der Spree versperren mir heute früh ein paar Krähen den Weg. Sie sind damit beschäftigt, eine Alufolie mit Dönerresten aus einem der umliegenden Mülleimer zu zerren. Als ich näher komme, machen sie nur äußerst widerwillig Platz. Sie fliegen nicht einmal hektisch weg, sondern gehen demonstrativ genervt zur Seite und schauen mich provozierend an.
Anscheinend stehe ich in der Hierarchie der Moabiter Tierwelt ziemlich weit unten und werde allenfalls geduldet. Respekt oder gar Angst hat da niemand vor mir. Was kommt als nächstes? Enten, die mich verhöhnen? Eichhörnchen, die mich mit Nüssen bewerfen? Oder Ratten, die mir auflauern und mir mein Handy abnehmen? Wahrscheinlich alles nacheinander.
07. April 2021, Berlin
21 Uhr, ich mache den Computer aus. Nachdem ich wegen eines Projekts, das ungeplant reinkam, fast vierzehn Stunden durchgearbeitet habe. Morgens konnte ich keinen Sport machen, das Duschen musste ausfallen, die erste Mahlzeit habe ich um 20 Uhr eingenommen und dafür habe ich zu viel Kaffee und zu wenig Wasser getrunken. Okay, ich musste keine Doppelschicht im Untertagebau schuften oder auf einer Intensivstation totkranke Menschen pflegen, aber es ist trotzdem ein gebrauchter Tag.
Wenigstens ist noch Osterschokolade übrig, die ich vor dem Fernseher essen kann. Also doch noch ein Eintrag fürs Dankbarkeitstagebuch. Wenn ich eins hätte.
08. April 2021, Berlin
Wir haben einen neuen Brausekopf. Weil der alte porös und undicht geworden war, hat meine Frau ihn ausgetauscht. (Ich verdränge den unschönen Gedanken, dass sie das später mit mir ebenfalls so handhaben wird.)
Um unser Ökogewissen zu beruhigen, hat meine Frau ein Modell mit sehr niedrigem Wasserverbrauch ausgewählt. Jetzt werden wir beim Duschen immer in einen äußerst feinen Wassernebel eingehüllt. Ein bisschen wie in der Ferienwohnung auf Föhr letztes Jahr. Da war das Duschen auch immer wie eine Wellnessbehandlung, bei der dir Elfen mit ihren kleinen Händchen die Wassertropfen einzelnen in die Haut massieren. Das ist zwar angenehm und entspannend, aber es dauert eine Ewigkeit, bis du dir das Shampoo aus den Haaren und die Seife vom Körper gespült hast. (Wahrscheinlich werden die Elfen nach Zeit bezahlt und arbeiten extra langsam.)
Es gibt noch eine zweite Einstellung bei dem Brausekopf mit einem einzelnen Strahl vom Durchmesser eines Fünf-Cent-Stücks. Da ist der Wasserdruck aber auch nicht besonders hoch. Ungefähr wie bei einem älteren Herrn mit Prostataproblemen beim Wasserlassen. Dann doch lieber die Elfen-Wellnessbehandlung.
09. April 2021, Berlin
Bei Rewe erzählt die Verkäuferin, die beim Scannen der Waren immer vor sich hinsummt, dem Kunden vor mir, dass sie am 01. Juli in Rente geht. Ich muss definitiv am 30.06. einkaufen gehen, um zu sehen, ob sie an ihrem letzten Arbeitstag beim Kassieren die ganze Zeit den Triumphmarsch aus Aida summt. Das fände ich toll.
###
Heute ist Tag der finnischen Sprache. Warum auch immer. Im Finnischen gibt es den schönen Ausdruck „Kalsarikännit”, der eine bei Finnen angeblich beliebte Entspannungstechnik beschreibt: „sich in Unterhose daheim alleine betrinken”. Oder wie es in anderen Ländern heißt: Corona-Lockdown.
10. April 2021, Berlin
Nach unserem Frühjahrsputz im Wohnzimmer letztes Wochenende, wollten wir eigentlich heute im Rest der Wohnung die Fenster putzen. Leider regnet es den ganzen Tag. So schade! (Um ehrlich zu sein, regnet es gar nicht, sondern der Regen ist nur angesagt, aber beim Fensterputzen-Vermeiden möchte ich nicht päpstlicher als der Papst sein. Vor allem weil der Papst bestimmt auch nicht selbst die Fenster im Vatikan putzt.)
###
Nachmittags lese ich im Internet Artikel über Prinz Phillip. Der ist gestern gestorben. Mit 99 Jahren. Damit wurde er zwei Jahre jünger als Queen Mum, die vor ein paar Jahren mit 101 das Zeitliche segnete. Bemerkenswert, wie alt die Royals werden. Wahrscheinlich trinken sie sehr viel und sehr guten Gin und werden innerlich konserviert.
Ich persönlich hege ein nur mühsam hinter ironischer Distanz verstecktes Interesse am britischen Königshaus. Das fing an, als Prince Charles und Lady Di an meinem sechsten Geburtstag heirateten. Ich fand es damals toll, dass die beiden mit einer Kutsche zur Kirche fuhren, und mir gefiel die schnittige Uniform von Charles und das weiße Kleid von Diana. Als 1982 Prinz William zur Welt kam, habe ich in den Klatschzeitschriften meiner Oma die Artikel darüber ausgeschnitten und an meine Pinnwand gehängt. Wenn ich darüber nachdenke, ist es sehr erstaunlich, dass ich in der Grundschule Freunde hatte und nicht andauernd in die Mülltonne gesteckt wurde. Sehr erstaunlich sogar.
Einen meiner recht wenigen Promi-Spotting-Momente in Berlin hatte ich mit Queen Elizabeth II. Als sie 2015 zum Staatsbesuch in Deutschland war und am Flughafen Tempelhof ankam, holte ich gerade den Sohn bei einem Spielkameraden ab. Auf dem Heimweg wurden plötzlich die Straßen abgesperrt und der königliche Konvoi mit der Queen fuhr an uns vorbei. Ich habe ihr zugewunken und bilde mir bis heute ein, dass sie zurückgewunken hat. Das Foto von der royalen Limousine habe ich dann sofort aufgeregt an meine Frau geschickt. Die konnte meine Enthusiasmus allerdings nicht so recht teilen. Wenn ich darüber nachdenke, ist es sehr erstaunlich, dass sie mich trotz meiner Begeisterung für das englische Königshaus geheiratet hat. Sehr erstaunlich sogar.
11. April 2021, Berlin
Beim morgendlichen Laufen kommt uns ein Mann mit einer französischen Bulldogge entgegen. Als wir auf gleicher Höhe sind, weist der Mann den Hund an, Platz zu machen. Die Bulldogge gehorcht, schaut uns aber sehr missmutig an. Anscheinend hat er keinen Bock sich hinzusetzen und macht uns dafür verantwortlich. Nachdem wir vorbeigelaufen sind, sagt der Mann: „Fein gemacht.” Ich bin mir nicht sicher, ob er den Hund oder uns meint.
###
Den Nachmittag verbringe ich damit, die Steuererklärung für letztes Jahr fertig zu machen. Da das aber nur mäßig viel Spaß bringt, verdödel ich zwischendurch Zeit im Internet. Wobei von Zeitverdödeln eigentlich nicht die Rede sein kann, da mir meine Frau diesen Clip zuschickt:
Es sind Videos wie dieses, für die das Internet erfunden wurde.
Alle Beiträge der Wochenschau finden Sie hier.
Sie möchten informiert werden, damit Sie nie wieder, aber auch wirklich nie wieder einen Familienbetrieb-Beitrag verpassen?
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
gback: Sandra