Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
29. April 2024, Berlin
Wache vollkommen gerädert auf. Fühle mich wie erschlagen. Als hätte ich die ganze Nacht kein Auge zugetan. Dabei war es nur eine Stunde Schlaf weniger als gewöhnlich. Weil wir gestern Abend unbedingt „Ripley“ zu Ende schauen mussten. Das rächt sich heute früh.
Um es positiv zu sehen: Ich bin noch nichts so alt, dass ich mit wenig Schlaf auskomme. Im Gegenteil: Ich bin so jung, dass ich das Schlafbedürfnis eines Teenagers habe. Meine Frau ist von meiner Argumentation nicht überzeugt.
30. April 2024, Berlin
Einkauf bei Penny. Gemeinsam mit mir betritt ein Vater mit seinem circa fünfjährigen Kind den Laden. Das Mädchen isst Eis. (Der Boomer in mir fragt sich: „Ist das überhaupt erlaubt? Eis essen im Supermarkt?“, aber das nur am Rande.)
Am Kühlregal verlangt die Kleine einen Joghurt. Mit Verweis auf das Eis verwehrt der Vater ihr den Wunsch. Für die Tochter ist diese Entscheidung inakzeptabel. Dies tut sie mit einem epischen Tobsuchtsanfall kund. Klaus Kinski nickt anerkennend.
Als sie sich beruhigt hat, sagt das Mädchen, sie wäre so lange traurig, bis sie einen Joghurt bekommt. Den Vater lässt diese Ankündigung kalt. Sie legt eine Schippe drauf. Sie könne ihn so lange nicht leiden, bis er ihr den Joghurt kauft. Darauf meint der Vater: „Dann kannst du mich eben bis morgen nicht leiden.“
Eine Antwort, die pädagogisch nicht ganz auf der Höhe ist, aber ich bin trotzdem Team Papa.
01. Mai 2024, Berlin
Tag der Arbeit. Ein Feiertag, an dem nicht gearbeitet wird. Christian Lindner versteht die Welt nicht mehr.
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Der Sohn ist überrascht, dass die Bibliotheken heute geschlossen haben. (Stichwort „Feiertag, an dem nicht gearbeitet wird“) Das passt im gar nicht, denn er muss sich auf seine Englisch-Abi-Klausur in zwei Tagen vorbereiten. Zuhause funktioniert das nicht so gut. (Stichwort „Zu viel Ablenkung, zu wenig Konzentration“)
Trotzdem fängt er mittags mit dem Lernen an. Aber wohl eher alibimäßig. Für richtiges Büffeln ist der Fernseher in seinem Zimmer zu laut. Nach einer Stunde bricht er das Zuhause-Lernexperiment ab und trifft sich mit Freunden.
Beim Abi-Lernen ist es wahrscheinlich wie beim Krafttraining. Da erzielst du nur Fortschritte, wenn du nach harten Einheiten, bei denen du bis zum Muskelversagen trainierst, eine Phase der Entspannung einlegen. Damit die Muskeln regenerieren und wachsen können. Heute ist beim Sohn Entspannung angesagt. Ob er gestern sein Gehirn bis zum Muskelversagen beansprucht hat, vermag ich nicht zu beurteilen.
02. Mai 2024, Berlin
Großes Ereignis im Viertel: BSR-Sperrmüllaktionstag. Der Sohn und ich tragen morgens eine Matratze, zwei Europaletten und anderen Unrat aus dem Keller nach oben, um das Gerümpel später dem Sperrmüll zuzuführen.
Im Hausflur treffen wir P. aus der Studenten-WG im 4. Stock. Er stellt gerade ein Bettgestell an die Wand. Ich frage ihn, ob er sich auch auf den Sperrmülltag vorbereite. P. bekommt leuchtende Augen. Als er den Aushang gesehen hätte, hätte er sich das Datum sofort dick im Kalender notiert, und er freue sich schon seit Wochen darauf. Es beruhigt mich, dass anscheinend nicht nur (mittel)alte Männer wie ich unnormal viel Freude bei dem Gedanken empfinden, ihren Keller von unnötigem Krempel zu befreien, sondern auch junge Menschen.
Ab 13 Uhr reges Treiben in der Nachbarschaft. Aus allen Häusern kommen Menschen mit Wägen, Karren und anderen Transportvehikeln und transportieren ihren Sperrmüll zum Aktionsplatz an der Arminiushalle. Dort herrscht Volksfeststimmung. Die Sonne scheint, vor den Cafés stehen Tische und Stühle und auf der anderen Straßenseite werfen Leute voller Ekstase ihre alten Regale, Fahrräder und Sessel in die orangenen BSR-Fahrzeuge.
Eigentlich bin ich ein großer Freund des Recyclings. Von wegen Ressourcenschonung, Klimaschutz und so weiter. Trotzdem ist das knirschende Geräusch, mit dem das Müllauto meine Paletten zermalmt, sehr befriedigend. Geradezu befreiend. Die BSR könnte bestimmt einen guten Gewinn machen, wenn sie zwei Euro dafür nähme, dass du die Müllpresse selbst bedienen darfst. Ich würde auf jeden Fall dafür bezahlen.
03. Mai 2024, Berlin
Heute ist Ohne-Hosen-Tag und der Sohn schreibt Englisch-Abi. Ich hoffe, er geht nicht ohne Beinbekleidung in die Schule.
Der Sohn hat erneut Glück und in der Klausur kommt das Thema dran, auf das er sich gezielt vorbereitet hat: Social Media. (Da hat er beim Lernen quasi sein Hobby zum Beruf gemacht.) Auf dystopische Romane hatte er keine Lust. Wahrscheinlich war ihm das zu viel Realismus.
04. Mai 2024, Berlin/Cuxhaven
Fahrt nach Cuxhaven. Über Hamburg und Hamburg-Harburg. Von dort weiter mit dem Regionalexpress. Die Orte, an denen wir halten, klingen allesamt wie erfunden. Buxtehude, Horneburg, Himmelpforten, Hechthausen, Ottendorf, Hammah, Hemmoor und Wingst. Da hatten die Ortsnamenerfinder wohl keinen Bock mehr.
„Wie nennen wir den Stopp?“
„Keine Ahnung.“
„Wie wäre es mit Wingst?“
„Wingst?“
„Ja, warum nicht?“
„Ach, egal. Wingst ist okay.“
„Gut, und jetzt ist Feierabend. Morgen ist auch noch ein Tag.“
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Ankunft in Cuxhaven. Kurz denke ich, wir waren mit einer Zeitmaschine unterwegs. Hier sieht es aus, als seien die 80er stehengeblieben. Oder als wären die 80er in Stadtform gegossen worden. Sehr viele Pflastersteine, metallene Fenster- und Türrahmen und mintgrüne oder bordeauxrote Farbgestaltung. Fehlt nur noch, dass Oliver Geissen uns am Bahnhof begrüßt.
Der große Pluspunkt von Cuxhaven: Es liegt am Meer. Da musst du dich architektonisch auch nicht anstrengen und die Touristen kommen trotzdem.
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In der Fußgängerzone gibt es das Erlebniscafé Curry. Es bleibt unklar, ob das Erlebnis darin besteht, dass die Kaffeespezialitäten und der Kuchen mit Curry gewürzt sind.
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In der Sparkasse holen wir unsere Startunterlagen ab. Meine Frau für den Zehn-Kilometer-Lauf, ich für den Marathon.
Insgesamt gibt es acht Wettbewerbe:
- Stadtsparkassen-Marathon
- ¾ Marathon der Cuxhavener Nachrichten u. Niederelbe Zeitung
- Wohstätten-Halbmarathon
- Mabau-10-Kilometer-Lauf
- Tad-Pharma-6-Kilometer-Firmen-und-Behördenlauf
- Daniela-Braun-Physio-6-Kilometer-Einsterlauf
- Lidl-6-Kilometer-Walking
- Elbe-Orthopädie-Kinderlauf (500 und 1.000 Meter)
Ich denke, sponsoringmäßig hat Cuxhaven alles aus dem Event herausgeholt, was geht.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)