Eine kleine Wochenschau | KW29-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


15. Juli 2024, Berlin

C. hat Geburtstag. Die Tochter hat ihm einen Schokoladenkuchen gebacken und mit einer aus Smarties gelegten 21 verziert. Mit den restlichen Smarties, dem obligatorischen Tier-Zug aus dem Hause Tchibo und einer Happy-Birthday-Girlande dekoriert sie einen 1a-Geburtstagstisch. Ich überlege, die Wohnung morgens mit Rolf Zukowskis „Wie schön, dass du geboren bist“ zu beschallen, lasse es aber bleiben, um C. nicht zu überfordern.

Der Kuchen bleibt dann bis abends unberührt. C. macht sich nicht so viel aus Süßem. Was stimmt mit dem Jungen nicht? Zucker, Fett und Schokolade, what’s not to like? Als ich später ihn die Küche gehe, sehe ich, wie er einen Pizzakarton sehr akkurat klein faltet, bevor er ihn im Papiermüll entsorgt. Das versöhnt mich ein wenig.

Titelbild mit einem positiven Coronatest, bei dem der zweite Strich ganz dünn ist

Bin nachmittags sehr müde und schlapp und mir fallen beim Arbeiten fast die Augen zu. Die Nachwehen des ereignisreichen Wochenendes mit Grillabend, Ausstellungsbesuch und Hoffest, gepaart mit zu viel Alkohol und zu wenig Schlaf. Ich beschließe ein kleines Mittagsschläfchen einzulegen. Damit es nicht zu sehr nach Rentner klingt, möchte ich es als Power Nap verstanden wissen. Ein Viertelstündchen schlummern, um danach fit, vital und voller Energie weiterzuarbeiten.

90 Minuten später wache ich volkkommen erschlagen auf. So fühlt es sich also an, wenn du 187 bist. Ich weiß nicht wo, wer oder was ich bin. Und auch nicht warum. Das Power Nappen muss ich wohl noch üben. Am besten gleich sofort.

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Was schön ist: Die EM ist vorbei und wir können endlich wieder früher ins Bett gehen. Was weniger schön ist: Meine Frau ist kränklich. Weil bei ihr im Büro Corona rumgeht, macht sie einen Test. Der ist positiv.

Sie schlägt ihr Nachtquartier im Wohnzimmer auf, ich bleibe dagegen im Schlafzimmer. Um ihr einen Gefallen zu tun. Wo es ihr körperlich schon nicht so gut geht, möchte ich nicht, dass sie sich schlecht fühlt, weil ich zusammengekauert auf dem zu kleinen Sofa schlafe. Diese seelischen Qualen möchte ich ihr nicht zumuten.

16. Juli 2024, Berlin

Bin morgens leicht überfordert mit dem Corona-Test. Während der Pandemie war das ein Vorgang, den ich routiniert und ohne nachzudenken durchgeführt habe. Stäbchen in ein Nasenloch, dreh, dreh, dreh, dreh, dreh, Stäbchen ins andere Nasenloch, dreh, dreh, dreh, dreh, dreh, Stäbchen ins Röhrchen mit der Testflüssigkeit, rühr, rühr, rühr, quetsch, quetsch, quetsch, Deckel aufs Röhrchen, vier Tropfen in die Testkassette, fertig war die Laube.

Heute früh muss ich die mehrfach gefaltete Bedienungsanleitung auseinanderfummeln, die deutsche Übersetzung suchen, was bei der Winzschrift gar nicht so einfach ist, und nachlesen, was ich wann, wo und wie lange reinstecken und umrühren muss.

Als ich mir das Stäbchen bis zum Anschlag in die Nase schiebe, muss ich niesen. Das weiß mein Körper also noch. Wahrscheinlich so eine Art Muskelerinnern. Etwas, das du nicht verlernst. Wie Fahrrad fahren. Nur ohne Helm.

Der Test bleibt einstreifig und damit negativ.

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Gehe nachmittags zu Penny. Sicherheitshalber mit Maske. Ein komisches Gefühl. Was denken wohl die anderen Kund*innen von mir? Dass ich ein ängstlicher 100-prozentiger bin, ein Sicherheitsfanatiker, der am liebsten mit einem Seuchenschutzanzug rumlaufen würde und zur Sicherheit zu allen Menschen mindestens acht Meter Abstand hält? Oder dass ich Corona oder irgendeine andere ansteckende Krankheit habe, hochinfektiös bin und man am besten von mir mindestens acht Meter Abstand hält? Oder – und das ist die wahrscheinlichste Variante –, niemand denkt irgendetwas von mir, denn in Berlin kannst du meistens rumlaufen, wie du willst, ohne dass es jemanden interessiert.

Während ich an der Kasse warte, drehe ich mich um und sehe, drei Plätze hinter mir steht der Prediger. Er schaut mich durchdringend an. Als wüsste er, dass ich letzte Woche über ihn geschrieben habe. Mir ist mulmig. Wahrscheinlich prasselt gleich eine seiner epischen Schimpftiraden auf mich nieder.

Nichts dergleichen passiert aber. Als ich nach dem Bezahlen meine Waren verpacke, höre ich sogar, wie er sich von der Kassiererin verabschiedet: „Einen wunderschönen Tag noch und einen phantastischen Sommer.“ Nicht einen „schönen Tag“ und einen „angenehmen Sommer“ wünscht er, sondern der Tag soll „wunderschön“ und der Sommer „phantastisch“ sein. Sehr ungewöhnlich für den Prediger.

Drei Stunden später höre ich ihn draußen vor der Klosterkirche, wie er brüllt, die katholische Kirche bringe Tod und Verderben über die Menschen und sei eine Ansammlung pädophiler Hurensöhne. Alles wie immer.

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Fühle mich nachmittags ein wenig matschig. Leicht fiebrig, meine Augen brennen, wenn ich sie schließe, und ich schwitze überdurchschnittlich viel. Der erneute Corona-Test ist aber weiterhin negativ.

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Meine Frau hatte den ganzen Tag Fieber, Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen. Deswegen schlafe ich heute Nacht im Wohnzimmer, damit sie im gemütlichen Ehebett liegen bleiben kann. Das ist bestimmt gut für ihre Genesung. Und ich setze ich mich nicht ihren Corona-Viren aus, die im Schlafzimmer herumschwirren. Das betone ich aber nicht zu sehr, weil es meine Nacht auf dem Sofa weniger heroisch erscheinen ließe.

17. Juli 2024, Berlin

Ich wache ausgeschlafen auf, nicht mehr fiebrig, ohne Matschbirne, das Augenbrennen ist auch weg. Der Corona-Test bescheinigt mir, dass ich virenfrei bin, was allerdings auch heißt, dass ich ganz normal arbeiten kann. Nichts ist perfekt.

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Abends begebe ich mich wieder aufs Sofa. So ist das also, wenn du Ehekrach hast.


Teil 2


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