Eine kleine Wochenschau | KW34-2024 (Teil 2)

Teil 1


Lese auf FAZ Online einen Kommentar, in dem sich der Verfasser darüber auslässt, dass in vielen Supermärkten an den Kassen die beweglichen Trenner abgeschafft wurden, die die bezahlten Einkäufe beim Einräumvorgang von den Waren der nachfolgenden Kund*innen abschirmt.

Wüsste ich es nicht besser, würde ich mich freuen, dass anscheinend nichts Schlimmes auf der Welt passiert ist, wenn solche Themen abgehandelt werden. Mein eigenes Leben scheint auch erfreulich stress- und spannungsarm zu sein, dass ich Zeit habe, so etwas zu lesen.

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Neue Nachricht der Duolingo-Eule, die wissen will, ob ich keine Lust mehr hätte, Englisch zu lernen. Sie wirkt enttäuscht.

23. August 2024, Berlin

Instagram spielt mir ein Gewinnspiel für ein Lauf-Fotoshooting in den Feed. Nein, danke. Schon ein normales Fotoshooting ist für mich ungefähr so attraktiv wie die Vorstellung, mich mit Friedrich Merz zum Abendessen zu treffen. Außerdem schaue ich auf Portraitfotos immer so verkniffen, wie Jemand auf einem Mugshot, der wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet wurde, weil er ohne Hose durch die Fußgängerzone gelaufen ist.

Noch unvorteilhafter sehe ich aber auf Fotos von Laufveranstaltungen aus. Da taumele ich meist mit fratzenhafter Mimik, wilden Haaren und merkwürdiger Körperhaltung, die auf eine veritable Gleichgewichtsstörung schließen lässt, durchs Bild. Besonders schlimm sind die Aufnahmen von hinten, die meine ausladenden Hüften unvorteilhaft in Szene setzen und mich der Illusion berauben, ich flöge einer Gazelle gleich über die Strecke.

Ich lösche die Anzeige. Sicherheitshalber klicke ich noch an, dass ich auch zukünftig kein Interesse an vergleichbaren Angeboten hätte.

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Die Duolingo-Eule stalkt mich weiter. Sie sieht ungehalten aus, weil ich bei der Englisch-Lernerei so wenig Ausdauer zeige. Ich bin kurz davor, den Account zu deaktivieren, damit mich das Vieh in Ruhe lässt.

24. August 2024, Berlin

Die Tochter und C. haben in Kiel einen riesigen Einkaufsmarkt entdeckt, der sich in erster Linie an Gewerbetreibende richtet. Die Getränkeabteilung wartet mit einem erstaunlich großen Angebot an Alkoholika in 3-Liter-aufwärts-Gebinden auf.

Auf einem Foto, das die Tochter schickt, posiert C. mit einer Flasche Aperol, die mindestens einen halben Meter groß ist. Vielleicht etwas für mein nächstes Treffen mit G.?

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Wieder eine Eulen-Mail. Sie sieht ein, dass ihre penetrante Erinnerei nicht funktioniert und verspricht, mich nicht mehr anzuschreiben. Außerdem fragt sie, ob sie zu aufdringlich war.

Ich weiß nicht, wie die Gepflogenheiten bei Computer animierten Vögeln sind, aber bei einem fremden Menschen, der mir eine Woche lang jeden Tag Mails schickt und versucht, mich emotional zu erpressen, hätte ich längst ein richterliches Kontaktverbot erwirkt.

25. August 2024, Berlin

Bekomme in einer Mail die Domain „meine-mama. de” zum Kauf angeboten. Ich lösche die Nachricht unbeantwortet. Bevor ich eine Website „Meine Mama” starte, würde ich das lieber erstmal therapeutisch aufarbeiten wollen.

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Das Versprechen der Duolingo-Eule, mich in Ruhe zu lassen, hat genau 24 Stunden und 27 Minuten gehalten. Dann schreibt sie, ich hätte mir eine Lernpause gegönnt, aber jetzt ginge es wieder los. Außerdem teilt sie mir mit, sie hätte mich diese Woche vermisst. Ich wünschte, ich könnte das auch sagen.


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Ein Kommentar zu “Eine kleine Wochenschau | KW34-2024 (Teil 2)

  1. Duolingo ist wirklich penetrant! Und das schreibe ich, die dort angemeldet ist. Es hat auch nur 6 Monate gedauert, um nicht bei jedem Vibrieren des Smartphones in Aktivismus zu verfallen, weil es ein wichtiger Anruf sein könnte.
    Besonders gut ist dieses Zusammenzucken und die Mouse von sich schleudern, während man gerade an seinem Arbeitsplatz sitzt.
    Wie gut, daß es ein Einzelbüro ist!

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