Eine kleine Wochenschau | KW35-2024

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


26. August 2024, Berlin

Heute ist Tag des Toilettenpapiers. Unschöne Erinnerungen an die Corona-Pandemie kommen hoch.

Titelbild mit einer großen Taube, die auf der Fensterbank sitzt und reinschaut

###

Der Sohn hat seine erste praktische Fahrstunde. Zunächst auf dem Parkplatz vor dem Olympiastadion, wo das Verkehrsaufkommen nicht so hoch ist. Abgesehen von den vielen Fahrschulautos, die dort rumcruisen.

Als ich Führerschein machte, holte mich mein Fahrlehrer immer zuhause ab und parkte in der steilen Straße neben dem Haus meiner Eltern. Das hieß, ich begann jede verdammte Fahrstunde damit, am Berg anzufahren. Trotzdem kann ich nicht behaupten, dass mich das zu einem guten Am-Berg-Anfahrer gemacht hat. Im Gegenteil.

Ein paar Tage nachdem ich meine Führerscheinprüfung bestanden hatte – was nicht unwesentlich damit zusammenhing, dass sie an meinem Geburtstag stattfand und der Prüfer mehr Augen zudrückte, als er hatte –, stand ich an einem leichten Anstieg an einer Ampel. Als sie grün wurde, würgte ich das Auto ab. Dann nochmal, ein weiteres und sogar ein viertes Mal.

Schließlich war wieder rot. Die Fahrer*innen hinter mir waren nur mäßig begeistert. Mein Herz pochte in der Geschwindigkeit und Lautstärke eines Presslufthammers, der Schweiß lief mir den Rücken hinunter und meine Hand, mit der ich die Handbremse lösen musste, war feucht und rutschig.

In der nächsten Grünphase das gleiche Trauerspiel. Abwürgen, abwürgen, abwürgen, bis ich es gerade noch so schaffte, den Motor bei Orange zum Laufen zu bringen und über die Kreuzung zu fahren. Die Autos hinter mir mussten eine weitere Rotphase abwarten, bevor sie ihre Fahrt fortsetzen konnten.

Eigentlich hätte ich 100 Meter später in unsere Einfahrt einbiegen können, aber ich fuhr noch zweimal um den Block, damit die andren Autofahrer*innen nicht sehen, wo ich wohne.

27. August 2024, Berlin

Der Sohn feiert am Wochenende Geburtstag und ich muss ihn heute beim Getränke kaufen begleiten. Da er noch keine 18 ist, bekommt er noch keine hochprozentige Alkoholika. Allenfalls im Späti, aber da entspricht der Preisaufschlag mindestens dem doppelten Alkoholgehalt der Getränke.

Meine Frau regte gestern Abend noch an, wir sollten unbedingt auch Chips, Nüsse und Ähnliches mitbringen. Wegen der Elektrolyte und damit die Gäste eine Grundlage hätten. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Vielleicht ist das die Grundlage, die sie sich später nach übermäßigem Wodka-Konsum durch den Kopf gehen lassen. Angesichts der sehr breiten Ritzen zwischen unseren Dielen im Wohnzimmer könnte das problematisch werden.

Als alte Sparfüchse gehen wir zunächst zu Edeka, wo Three-Sixty-Wodka für drei Euro weniger die Flasche verkauft wird. Anschließend wollen wir bei Kaufland Aperol besorgen, den es dort im sensationellen Angebot gibt. Allerdings haben andere auch davon gehört und das entsprechende Regal ist komplett leergekauft.

Dafür entdecken wir eine 3-Liter-Flasche Three-Sixty-Wodka. Die nehmen wir mit. Als Hinkucker. Dann braucht es auch keine andere Deko. Während wir zum Supermarkt gehen, frage ich mich, ob das unter verantwortungslosen Dude-Dad oder fehlgeleitetes Helikopter Parenting fällt, dass ich für den Sohn Wodka kaufe.

Beim Bezahlen schaut die Kassiererin zuerst auf die Riesenflasche, dann auf den Sohn. „18. Geburtstag?“, fragt sie. Er nickt, sie quittiert das mit einem knappen „Aha“.

Als wir fast schon zuhause sind, sehen wir vor dem Hostel bei uns um die Ecke ein Pärchen, das auf dem Boden sitzt und kifft. „Noch ein bisschen früh am Tag“, denke ich mir, fühle mich aber nicht in der Position mich über die beiden zu erheben, da mein Sohn gerade eine 3-Liter-Flasche Wodka unter dem Arm trägt.

28. August 2024, Berlin

Im Penny-Online-Prospekt wird ein Rezept für Spaghetti mit Ketchup vorgestellt. Ich weiß nicht, wie ein Rezept definiert ist, aber ich könnte mir vorstellen, dass die Mindestanzahl an benötigten Zutaten größer als zwei sein muss.

Diese Woche gibt es auf alle Maggi-Produkte 25 Prozent Rabatt. Steht ebenfalls in dem Prospekt. Da fallen mir aus meiner Zeit in Marburg auch so einige Rezepte ein. Nudeln mit Maggi, Reis mit Maggi, Ei mit Maggi. Vielleicht schreibe ich mal ein Kochbuch für Studierende.

###

Der Sohn ist heute mit seinen vier besten Freunden nach Breslau gefahren. Quasi ihre private Abi-Abschlussfahrt. Abends schickt er Bilder ihrem Airbnb. Sie haben etwas umgeräumt und die fünf Betten alle in ein Schlafzimmer gestellt. Unsere großen, kleinen Jungs.

Breslau sei ganz schön, berichtet er, aber die Menschen seien eher unfreundlich. Quasi wie Berlin, somit sollten sie kein Heimweh bekommen.

###

Meine Frau meint, jetzt, da wir die Wohnung ganz für uns allein hätten, könnten wir den ganzen Tag nackt rumlaufen, ohne dass sich jemand daran stört. Ich glaube, ich würde mich daran stören. Möglicherweise auch die Nachbar*innen, wenn sie mit anschauen müssen, wie ich in der Küche unbekleidet an der Kaffeemaschine stehe. Mehrmals am Tag, denn ich trinke sehr viel Kaffee.

29. August 2024, Berlin

Als ich im Bett liege, höre ich draußen den Prediger die Straße hinunterkommen. Er scheint aufgewühlt zu sein. „Was ist mit euch Frauen los?“, deklamiert er mit dröhnender Stimme. „Wenn man euch ein Kompliment macht, reagiert ihr darauf mit Arroganz. Aber eure Arroganz macht euch hässlich und dann bekommt ihr keine Komplimente mehr, ihr Fotzen.“

Manchmal weiß ich nicht, ob der Prediger ein großer Philosoph ist oder einfach nur sehr, sehr wütend.


Teil 2


Alle Beiträge der Wochenschau finden Sie hier.


Sie möchten informiert werden, damit Sie nie wieder, aber auch wirklich nie wieder einen Familienbetrieb-Beitrag verpassen?

2 Kommentare zu “Eine kleine Wochenschau | KW35-2024

  1. Das Zitat des Predigers brachte mich beim morgendlichen Espresso herzlich zum Lachen. Philosophische Frage: Haben wir nicht alle etwas mehr/weniger Prediger in uns? Und wenn nicht, sollten wir es unbedingt.😀 Zum Geburtstag des Sohnes nachträglich alles Gute!

    • Der Unterschied zwischen uns und dem Prediger besteht vielleicht in erster Linie darin, dass wir nicht durch die Straßen laufen und unsere Gedanken in die Welt hinaus rufen. (Obwohl ich manchmal kurz davor bin.)

      Danke für die Geburtstagswünsche.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert