Eine kleine Wochenschau | KW40-2024 (Teil 2)

Teil 1


Der Sohn findet im Anmeldeportal der TU Berlin eine schlechte Nachricht. Sein Immatrikulationsantrag wurde abgelehnt. Anscheinend hatte er ein falsches Formular ausgefüllt. Bis zum 4. Oktober, sprich morgen, hat er Zeit, das richtige hochzuladen. (Er hat keine Ahnung, wie lange die Nachricht schon dort steht. Er hatte die ganze Zeit – vergebens – auf eine Mail gewartet und hielt es nicht für nötig, mal in dem Portal nach dem Stand der Dinge zu schauen.)

Nun würde ich gerne mit ihm schimpfen und ihn eindrücklich ermahnen, sorgfältiger und nicht so schusselig zu sein. Allerdings säße ich da in einem Glashaus mit sehr dünnen Wänden und würde mit extrem großen Steinen um mich werfen.

Nach meinem Zivildienst wollte ich zum Sommersemester ein Pädagogikstudium in Münster beginnen. Allerdings überlas ich eine Anmeldefrist, so dass ich erst zum Wintersemester hätte anfangen können. (Zum Entsetzen meiner Mutter, die wahrscheinlich dachte, ich würde wieder bei ihnen einziehen und ein halbes Jahr bei ihnen abhängen.)

Mein Bruder schlug pragmatisch vor, ich solle mich einfach in Marburg, wo er studierte, für irgendetwas ähnliches einschreiben, was man zum Sommersemester anfangen kann, dann nach einem Semester nach Münster wechseln und mir dort meine Scheine anerkennen lassen.

So begann ich 1996 an der Philips-Universität zu Marburg ein Soziologie-Studium und lernte dort meine Frau kennen. Ohne meine Schusseligkeit bei der Immatrikulation in Münster wäre das nie passiert, folglich gäbe es den Sohn nicht und er hätte seine eigene Einschreibung nicht verbaseln können. Somit sind meine und seine Schlurigkeit eng miteinander verwoben.

Aus pädagogischen Gründen sage ich ihm das aber nicht, sondern ermahne ihn, er müsse sorgfältiger und nicht so schusselig sein. Mir doch egal, dass ich ihm Glashaus sitze.

04. Oktober 2024, Berlin

Meine Haare müssen ebenfalls mal wieder geschnitten werden. Das möchte ich aber nicht meiner Frau zumuten – meiner Mutter ebenfalls nicht – und gehe zu N. in den Friseursalon bei uns in der Parallelstraße.

Neben mir schneidet ein junger Mann einer Frau die Haare. Ich vermute, er ist Azubi. Einerseits aufgrund seines jugendlichen Alters, andererseits weil er sich noch nicht so wahnsinnig geschickt mit Schere und Kamm anstellt. (Unwesentlich geschickter als ich mit Langhaarschneider und Kamm.)

Seine Bewegungen sind sehr angestrengt und nicht besonders flüssig. Die Kundin schaut etwas gequält. Wahrscheinlich denkt sie gerade, sie hätte bei der Online-Terminvergabe besser nicht „nächster freier Mitarbeiter“ angeklickt.

Ich habe bewusst N. als Friseur ausgewählt. Er schneidet immer sehr penibel und akkurat und ist erst zufrieden, wenn beim Ansatz auch jedes noch so kleine Härchen getrimmt ist. Das ist zwar zeitaufwändig, aber dafür ist das Ergebnis sehr gut.

Zum Abschluss föhnt N. meine Haare heute mit sehr viel Hingabe und Ausdauer. Danach sehe ich auf dem Kopf aus wie ein fluffiger Biber aus, was niedlicher klingt, als es aussieht.

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Bekomme auf Insta eine Werbung vom NABU eingespielt: „Schütze die Kreaturen der Nacht! Jetzt Fledermaus-Pat*in werden!“

Nein, danke. Ich finde, es reicht, dass wir im Sommer einer Fledermaus Unterschlupf in unserer Wohnung gewährt haben.

05. Oktober 2024, Berlin/Bonn

Um 8.30 Uhr geht unser Zug nach Bonn. Oder auch nicht. Fünf Minuten bevor wir zum Bahnhof aufbrechen wollen, meldet sich die Bahn-App. Der Zug fällt aus. Wegen Baustelle oder so. Zum Glück finde ich eine Alternative, knapp anderthalb Stunden später, bei der wir sogar weniger umsteigen müssen. Keine Ahnung, warum ich die ursprünglich nicht ausgewählt habe.

Im Zug. Zur Vorbereitung des Marathons am Sonntag habe ich diese Woche mein tägliches Trinkvolumen deutlich erhöht. Da die Größe meiner Blase aber gleichgeblieben ist, muss ich sehr oft aufs Klo gehen. Somit verbringe ich gefühlt die Hälfte der Fahrt auf der Bordtoilette. Dem Ort, an dem du dich im Zug am wenigsten aufhalten willst. (Außer in einem Großraumabteil, in dem die Hälfte der Plätze vom Kegelverein „Alle Neune“ belegt sind.) Außerdem hätte ich mir da die Platzreservierung sparen können.

Als Reiseproviant haben wir geschnittenes Obst dabei. Wenn ich im Zug Apfelschnitze esse, komme ich mir immer vor wie ein pensionierter Oberstudienrat für Geschichte und Erdkunde. Allerdings ohne Ahnung von Geschichte und Erdkunde.

Die Fahrt endet unplanmäßig in Hamm. Oder in Hagen. Wer kann das schon unterscheiden? Ich zumindest nicht. Ein defekter Zug blockiert die Strecke. Im Ersatz-ICE dann nach Köln, von dort mit dem Ersatz-Bus nach Bonn. Zumindest mussten wir nicht auch noch Fahrrad-Rikscha fahren.

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Später ein letztes kleines Läufchen zusammen mit A. Vier Kilometer. Zum Rhein und wieder zurück. Auf den Rheinwiesen feiern die Erstsemester das Ende ihrer ersten Semesterwoche. Die wahrscheinlich größtenteils aus Feiern bestand. Prost.

06. Oktober 2024, Köln

Marathontag. A. und ich haben mit dem Kölner Marathon noch eine Rechnung offen. Beim Start wird schon mal nicht wie beim letzten Mal auf der Bühne Micky Krause interviewt. (Ja genau, der „Dicke Titten, Kartoffelsalat“-Micky-Krause, der anscheinend auch ambitionierter Hobby-Läufer ist.) Das ist schon mal positiv.

Ansonsten ist das Wetter gut, die Stimmung bombe, das Tempo am Anfang etwas schnell, dafür später etwas langsam, aber wir kommen gesund durch. Rechnung beglichen. Check.


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2 Kommentare zu “Eine kleine Wochenschau | KW40-2024 (Teil 2)

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