11. Oktober 2024, Berlin
Der Spiegel hat Thomas Gottschalk interviewt und startete mit der schönen Einstiegsfrage: „Herr Gottschalk, im Spiegel haben Sie vor einigen Jahren die Hoffnung geäußert, ein cooler Alter zu werden. Sind wir uns einig, dass es nicht geklappt hat?“ Das ist selbstverständlich etwas unverschämt, aber durchaus zutreffend.
Wenig überraschend ist Thomas Gottschalk da anderer Meinung. Aber in meinen Augen qualifiziert er sich mit seinem ständigen Hadern mit dem Zeitgeist beziehungsweise der Political Correctness sowie dem Klagen über die Jugend von heute nur schwerlich als „cooler Alter“.
Wobei Thomas Gottschalk darauf besteht, er beklage sich nicht, sondern stelle nur fest, und hadere auch nicht mit dem Zeitgeist, verstünde ihn aber nicht und fühle sich nicht mehr trittsicher.
Ich habe viel Verständnis dafür, dass Thomas Gottschalk Schwierigkeiten mit dem Altern hat und dass es nicht einfach ist, wenn du jahrzehntelang im Rampenlicht standest und dann weniger gefragt bist. (Ein Problem, das wahrscheinlich hauptsächlich Männer haben.) Seine Kritik am Zeitgeist und an der Jugend wirkt auf mich dann aber doch reichlich unreflektiert und denkfaul.
Wahrscheinlich will Thomas Gottschalk in erster Linie, dass alles so bleibt, wie es mal war, weil das am einfachsten ist. Für ihn. Das beklage ich aber nicht, sondern stelle es nur fest.
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Die Tochter hat Probleme mit der Heizung. Sie geht nicht mehr aus. Obwohl das Thermostat auf null steht, läuft sie auf Hochtouren. Im Wohnzimmer herrschen klimatische Bedingungen wie im Amazonas-Regenwald.
Das erzeugt weder behagliche Wohnatmosphäre noch ist das gut fürs Klima. Schlecht für den Geldbeutel ist es obendrein, was dich als Studentin noch härter trifft als CO2-Ausstoß, Erderwärmung und Artensterben. Zumindest kurzfristig.
C. meint zwar, er könne das Problem beheben, aber die Tochter denkt, den Heizkörper abzumontieren ist keine gute Lösung. Stattdessen muss sie den Hausmeister kontaktieren, der bei Vonovia Facility Manager heißt, damit er sich darum kümmert.
Die Tochter klagt am Telefon, nicht mit der Grundschule beginne der Ernst des Lebens, sondern wenn du andauernd mit der Hausverwaltung telefonieren musst. Wegen Internetanschlüssen, Elektrikerterminen, Handwerksarbeiten, irgendwelchem bürokratischen Kram sowie nicht funktionierenden Heizungen.
Meine Frau erinnert sich daraufhin an ein Kinderbuch, das sie gelesen hat, bevor die Tochter in die Schule kam. Darin hat ein Mädchen Angst vor ihrer Einschulung, weil die Erwachsenen die ganze Zeit vom Ernst des Lebens sprechen, der nun anfange. Am ersten Schultag sitzt dann ein Junge neben ihr, der Ernst heißt und nett ist, so dass die Kleine findet, der Ernst des Lebens ist eigentlich doch gar nicht so schlimm.
Ich habe keine Ahnung, was die Moral von dieser Geschichte sein soll. Aber wer zur Hölle nennt sein Kind heutzutage noch Ernst? (Vielleicht die Eltern des Hausmeisters, der für die Reparatur der Heizung sorgen muss.)
12. Oktober 2024, Berlin
Der Sohn hat heute das erste Mal seit einem Jahr wieder ein Judoturnier. Berliner Mannschaftsmeisterschaft bei den Erwachsenen. Für ihn bedeutet das, dass er gegen 80-Kilo-Männer kämpfen muss, für uns, dass wir nach Kladow fahren müssen, wo ich mich jedes Mal frage, ob das noch zu Berlin gehört und ob ich einen Fahrschein für die Zone C kaufen muss. (Die Antworten lauten: Ja und Nein.).
Ich weiß nicht, wer von uns das schlechtere Los gezogen hat. Wahrscheinlich der Sohn. Er muss nach Kladow fahren und gegen 80-Kilo-Männer kämpfen. Er muss dann nur einmal auf die Matte und verliert. Aber Hauptsache gesund.
13. Oktober 2024, Berlin
Heute ist internationaler Tag der Skeptiker. Ich glaube nicht, dass der was bringt.
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Im Hinterhof bei den Papiermülltonnen hat eine monströs große Spinne ein Netz vor dem Fenster des Betreuungsbüros im Erdgeschoss gesponnen. So monströs groß, dass ich mich frage, ob es ökologisch sehr verwerflich ist, unser Altpapier im Restmüll zu entsorgen.
Die Spinne sitzt dort schon seit circa zwei Wochen. Ich bin mir unsicher, ob ich das gut oder schlecht finden soll. So lange sie da unten hockt, hält sie sich nicht bei uns in der Wohnung auf. Das erachte ich als ganz dicken Pluspunkt. Je länger sie aber in dem Netz an dem Fenster wohnt, umso heimischer fühlt sie sich möglicherweise. Dann lädt sie ihre Besties ein, bis irgendwann so viele Spinnen mit ihr abhängen, dass sie den kompletten Hof übernehmen.
Vielleicht sollte ich sicherheitshalber schon mal unsere Fahrräder vor dem Haus abschließen. Unseren Müll kann ich dann auf die Tonnen an den Straßenlaternen in der Straße verteilen.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)