Eine kleine Wochenschau | KW42-2021

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


18. Oktober 2021, Berlin

Auf meiner morgendlichen Laufrunde sehe ich auf der Spree regelmäßig ein Polizeiboot. Es trägt den Namen Seeschwalbe. Irgendwie glaube ich, dass sich die Berliner Wasserpolizei bei der Namensgebung ein wenig mehr Mühe hätte geben können. Mit der Bezeichnung Seeschwalbe verschaffst du dir bei Verbrecher:innen wohl nicht besonders viel Respekt. In den USA haben Polizeiboote wahrscheinlich furchteinflößende Namen wie The Unforgivable Sea Eagle, Shark Attack oder Enforcer 3.000. Da weißt du gleich, mit denen ist nicht gut Kirschen essen, denen widersprichst du besser nicht.

Vor einer Seeschwalbe hast du dagegen so viel Angst wie vor einem dicken Dorfpolizisten, der eine Verfolgungsjagd nach 50 Metern abbrechen muss, weil er völlig außer Atem ist. Aber das ist ja fast schon wieder sympathisch.

19. Oktober 2021, Berlin

Am Wochenende treffen wir uns mit den Brüdern meiner Frau und ihren Familien in Hamburg. Als hätte ich noch nie von der Tarifpolitik der Deutschen Bahn gehört, versuche ich erst heute – also fünf Tage vor unserem Trip –, die Tickets zu kaufen. Die Bahn-Website lacht herzlich und spuckt mir einen Preis von 430 Euro aus.

Ich mag die Brüder meiner Frau wirklich sehr, aber nicht für 430 Euro. Für den Betrag könnten wir auch nach Sardinien fliegen und dort unser Familientreffen abhalten. (Eigentlich keine schlechte Idee.) Okay, das würde nur den Hinflug abdecken und wir müssten dann dort bleiben. (Eine noch bessere Idee.)

Nach einer kurzen Recherche finde ich eine Busverbindung für knapp 200 Euro. Um der Familie die Busreise schmackhaft zu machen, reserviere ich uns Plätze in der letzten Reihe auf dem Oberdeck. Früher auf den Klassenfahrten saßen hinten auf der Rutsche ja auch immer die Coolen. Und heute die Trottel, die so spät buchen, dass es sonst keine freien Plätze gibt.

20. Oktober 2021, Berlin

Nachdem ich in den letzten Wochen eine intensivere Buchschreibphase und meine Frau im Büro ein erhöhtes Arbeitsaufkommen hatte, haben wir das Projekt Küchenrenovierung ein wenig schleifen lassen, aber jetzt wollen wir es wieder verstärkt vorantreiben. Seit Tagen beziehungsweise Wochen warten wir darauf, dass sich der Elektriker und der Bodenmensch bei uns mit Kostenvoranschlägen zurückmelden. Es scheint zurzeit nicht die größte Herausforderung zu sein, einen Handwerker zu bekommen, der Zeit hat, die notwendigen Arbeiten auszuführen, sondern einen zu finden, der deine Mails beantwortet. Möglicherweise wäre es schneller, wir würden eine Ausbildung zum Schreiner, zum Elektriker und zum Parkett-Leger machen und die Arbeiten dann selbst erledigen.

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Beim Laufen im Schlosspark schnappt ein Hund nach mir. Auch diesmal ist das nicht wahnsinnig furchterregend, denn er reicht mir gerade mal bis zur Wade. Außerdem sieht er aus, als reiche seine Bisskraft allenfalls dazu aus, um Fahrkarten zu entwerten. Zur Not könnte ich ihn an den Hinterbeinen packen und in die Spree werfen.

Sein Herrchen, ein älterer Mann so um die Mitte 70, sagt nichts weiter, sondern lacht mich nur leicht spöttisch an. Vielleicht sollte ich ihn an den Hinterbeinen packen und in die Spree werfen.

21. Oktober 2021, Berlin

Gelegentlich phantasieren wir beim gemeinsamen Abendessen, was wir uns alles gönnen würden, wenn wir richtig, richtig viel Geld im Lotto gewännen. Eine Eigentumswohnung, ein Ferienhaus im Warmen, Bahncards 100 für die ganze Familie, Lebensmittel nur noch im Bioladen, Markenklamotten, einen Personal Trainer, einen E-Scooter, einen richtig großen Fernseher mit super-duper Dolby-Surround-Anlage, ein dickes Auto und vieles mehr. (Sie können selbst überlegen, wer sich was wünscht.)

Allerdings ist unser erhoffter Lotto-Geldsegen doch sehr, sehr unwahrscheinlich. Nicht nur wegen der äußerst geringen Gewinnchancen, sondern vor allem, weil wir gar kein Lotto spielen. Damit unserem unbeschwerten Privatier-Leben nichts mehr im Wege steht, fülle ich bei Lotto Berlin einen Dauer-Lottoschein für ein Kästchen aus. Zur Bestätigung meines Accounts bekomme ich einen Cent überwiesen. Im Betreff der Überweisung steht ein sechsstelliger Code, den ich bei der Verifizierung angeben muss.

Ohne irgendetwas zu tun, habe ich also schon einen Cent gewonnen. Wenn ich mir eine Milliarde E-Mail-Adressen zulege, bekomme ich insgesamt 10 Millionen Euro überwiesen und habe ausgesorgt. Wahnsinn!

Aber ich möchte nicht gierig und maßlos erscheinen. Vielleicht belasse ich es bei 500 Millionen E-Mail-Adressen.

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Abends richten wir unsere Sachen für die Hamburg-Fahrt. Der Klamottenstapel meiner Frau ist geradezu grotesk viel größer als meiner. Das ist so klischeehaft, dass Mario Barth ein komplettes Bühnenprogramm darüber schreiben könnte.

Meine Frau hat eine Hose, ein Wollkleid, einen Pullover, eine Leggings, ein Paar Doc Martens, Schlafsachen, Laufklamotten und -schuhe, eine voluminöse Kosmetiktasche und so viel Unterwäsche und Socken gepackt, als würde sie mehrere Wochen verreisen. Ich habe dagegen minimalistisch Schlafklamotten, zwei T-Shirts, zwei Paar Socken und zwei Unterhosen sowie Sportsachen rausgelegt. Ich bin einfach mal optimistisch, dass ich auf unserem Trip keinen epischen Brech-Durchfall bekommen werde und mich mehrmals am Tag komplett umziehen muss. Und falls doch, kann mir vielleicht Mario Barth mit Ersatzklamotten aushelfen.

22. Oktober 2021, Berlin/Hamburg

Während die Kinder noch schlafen, verteilen meine Frau und ich morgens per WhatsApp ein paar Haushaltsaufgaben, die die beiden bis zu unserer Abfahrt erledigen sollen. Besonders populär macht uns das wahrscheinlich nicht. Gegen uns gilt Armin Laschet als Everybody’s Darling.

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Der ältere Bruder meiner Frau und sein Mann reisen mit dem Flugzeug nach Hamburg. Vom Landeanflug schicken sie ein Video, das so wackelig ist, dass ich kurz vermute, ihnen sei das Handy aus der Hand gefallen. Hätte ich in dem Flieger gesessen, hätte ich das Fehlen einer Ersatz-Unterhose bitter bereut.

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Unsere Busreise startet suboptimal. Gleich zu Beginn kommen wir erstmal in den Berliner Freitagnachmittag-Feierabend-Stau. Der Komfort im Bus ist auch ausbaufähig. Das Flixbus-Versprechen, dass du an Bord WLAN in LTE-Geschwindigkeit hast und immer im Internet surfen kannst, hat ungefähr so viel Wahrheitsgehalt wie die Aussage, Fruchtzwerge seien so wertvoll wie ein kleines Steak.

23. Oktober 2021, Hamburg

Nach einigen Sekt, Aperol Spritz und Gin Tonic am Vorabend erscheint das Konzept Frühsport und morgendliches Laufen im Hamburger Stadtpark eher mäßig attraktiv. Im Gegensatz zu einem reichhaltigen und deftigen Frühstück zum Auffüllen des Elektrolyt-Speichers.

Ansonsten gilt für den heutigen Tag: What happens at the Geschwister-Wochenende stays at the Geschwister-Wochenende.

24. Oktober 2021, Hamburg/Berlin

Nicht nur wir wollen auf der Rückreise die Coolen von der letzten Reihe sein, sondern auch ein hünenhaft großer Mann, der den mittleren Platz zwischen unseren Plätzen hat. Dadurch werden wir Eltern von den Kindern separiert.

Nach ein paar Stunden Fahrzeit fragt der Sohn per WhatsApp, wie lange es noch dauere. Er beklagt sich, seine Beine täten weh und ihm sei außerdem übertrieben heiß.

Ich würde meine Frau und mich alles in allem als sehr liebevolle und empathische Eltern charakterisieren, die den Sorgen und Nöten ihrer Kinder mit dem gebotenen Ernst und Mitgefühl begegnen. Doch bei dieser Nachricht müssen wir beide erstmal herzhaft lachen. Meine Frau schickt dann noch ein GIF zurück, dessen Botschaft eine Mischung aus „Heul doch!“ und „Deal with it!“ ist.

Daraufhin entspannt sich eine längere WhatsApp-Diskussion, bei der es auch irgendwann um die Verwendung korrekter Orthographie, Grammatik und Zeichensetzung in der Schriftsprache geht. Der Sohn meint, das sei ja wohl egal, schließlich sei das hier WhatsApp und keine Klassenarbeit. Hoffentlich erinnert er sich an diese Aussage, wenn er nach den Herbstferien Deutsch schreiben muss.


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38 Kommentare zu “Eine kleine Wochenschau | KW42-2021

  1. Wieder mal eine kurzweilige Wochenschau, danke dafür. Einen Tipp hätte ich auch noch. Das nächste Mal die Preise von Leihwagen recherchieren; könnte richtig Geld sparen. Zusatztipp: Manche Autohäuser vermieten auch ihre, zugegebenermaßen mit Werbung zugekleisterten, Werkstattersatzwagen gerne für länger oder über das Wochenende zu sehr günstigen Tarifen.
    Lieben Gruß
    Andi

    • Den Tip mit den Werkstattersatzwagen, schnapp ich mir grad mal. Die nächste Fahrt kommt bestimmt! (Mietwagen ordere ich bereits seit 2008, aber wenn sich das preislich unterbieten läßt…)

      Danke Andi! :)

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