Eine kleine Wochenschau | KW44-2023

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


30. Oktober 2023, Berlin

11 Uhr. Kontrolle der Rauchmelder. Der Schornsteinfeger geht durch die Zimmer und drückt mit einer langen Stange gegen die Melder. Wenn sie piepen, ist alles in Ordnung, wenn nicht, weiß ich nicht, was passiert, denn unsere Melder piepen alle vorschriftsmäßig.

Im Wohnzimmer weise ich ihn darauf hin, er solle etwas vorsichtig sein, da der Melder mal runtergefallen sei. Dass ich ihn erst heute früh wieder angeklebt habe, verschweige ich. Der Schornsteinfeger fragt, wie das passiert sei. Ich fange an auszuführen, der Sohn habe eine Silvesterparty gefeiert. Bevor ich weitererzählen kann, was genau vorgefallen ist, sagt der Schornsteinfeger: „Alles klar, dann hat der Melder wenigstens funktioniert.“

Meine Frau ist für zwei Tage auf Dienstreise. Dienstreise hört sich ein wenig altmodisch und nach muffigen 50er/60er Jahren an. Der Herr Generaldirektor ist auf Dienstreise. Aber so ist das, wenn du im Ministerium arbeitest. Da machst du keine coolen Geschäftsreisen und erst recht keine fancy Businesstrips, sondern du gehst auf schnöde Dienstreisen.

Die Reise meiner Frau geht nach Halle. Das passt zu Dienstreise ganz gut, finde ich. „Ich bin auf einem Businesstrip in Halle“, klingt dagegen irgendwie merkwürdig und unpassend.

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An der Uni der Tochter ist diese Woche „reading week“. Damit die Studierenden ihre Materialien und Lektürelisten nacharbeiten und den Stoff für die kommenden Wochen vorbereiten können.

Die Tochter nutzt die vorlesungsfreie Zeit, um in die USA zu fliegen. Dort besucht sie ihre amerikanischen Freund*innen, die sie dieses Jahr in Carlow kennengelernt hat. Und um im Sinne der deutsch-amerikanischen Völkerverständigung zu lernen, wie in den USA Halloween gefeiert wird.

Ich glaube nicht, dass sie in der Woche sehr viel zum Lesen kommen wird.

31. Oktober 2023, Berlin

In den 6-Uhr-Nachrichten erfahre ich, dass wir heute hohen Besuch in unserer Straße haben werden. Der Berliner Senat tagt heute nicht im Roten Rathaus, sondern im Dominikaner-Kloster gegenüber vor uns. Gemeinsam mit dem Erzbischof von Berlin sowie anderen führenden Vertretern des Erzbistums Berlin.

Der Nachrichtensprecher erklärt, dass sich der Senat regelmäßig mit der katholischen Kirche trifft. Ungefähr alle zwei Jahre, ergänzt er. Formal betrachtet sind „alle zwei Jahre“ natürlich schon regelmäßig. „Regelmäßige Treffen“ hört sich aber doch nach einem engeren Austausch an und nicht danach, sich alle 24 Monate zusammenzuhocken und mal `ne Runde zu quatschen. Ich gehe beispielsweise im Schnitt alle vier Jahre in ein klassisches Konzert. Trotzdem würde ich mich nicht als regelmäßigen Konzertgänger bezeichnen.

Davon abgesehen würde mich interessieren, wer auf die Idee kam, das Treffen des Senats und der katholischen Kirche ausgerechnet auf den 31. Oktober, den Reformationstag, zu legen. Vielleicht will der Regierende Bürgermeister dem Erzbischof an diesem schweren Tag beistehen.

Der Termin-Liste auf der Website der Senatskanzlei entnehme ich, dass es um 11 Uhr ein Gruppenfoto auf dem Klosterhof geben wird. Ich hoffe inständig, dass dann der Prediger vorbeikommt. Der Prediger ist nicht wirklich Prediger, sondern ich nenne ihn so. Er ist schätzungsweise Ende 20 / Anfang 30, läuft häufig durch unseren Kiez und je nach Promillezahl und Drogenkonsum hält er dabei große Reden. Das Kloster ist einer seiner Stammplätze. Dort steht er dann und lässt mit dröhnender Stimme elaborierte Schimpftiraden ab. Über die Verfehlungen der katholischen Kirche im Allgemeinen und den Missbrauchsskandal im Besonderen.

Ich wüsste zu gerne, was der Prediger Kai Wegner und Franziska Giffey zu sagen hätte.

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Gestern habe ich das dritte Mal Halloween-Süßigkeiten gekauft. Heute klingelt aber niemand. Wer soll jetzt den ganzen Süßkram essen?

01. November 2023, Berlin

Die Tochter hat heute Geburtstag. Sie wird 20. Unfassbar, dass wir seit 20 Jahren Eltern sind. 2003 war Gerhard Schröder Bundeskanzler, Johannes Rau Bundespräsident und Michael Schumacher Formel-1-Weltmeister, Madonna züngelte mit Britney Spears und Christina Aguilera bei den MTW Music Awards, es dauerte noch zwei Jahre bis Facebook startete und vier Jahre bis das erste iPhone auf den Markt kam, „We have a dream“ vom „Deutschland sucht den Superstar“-Cast war erfolgreichste Single des Jahres und hätte ich damals schon einen Bart gehabt, wäre er noch tiefschwarz gewesen.

Eigentlich fühle ich mich gar nicht so alt wie jemand, der eine 20-jährige Tochter hat. Außer wenn ich morgens in den Spiegel schaue. Dann fühle ich mich wie jemand, der 20-jährige Enkelkinder haben könnte.

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Nachmittags gehe ich zur Post. Das Geburtstagspaket für die Tochter aufgeben. Mit den Worten: „Nach Irland, bitte.“ reiche ich der Frau am Schalter das Päckchen. Sie schaut sich das Etikett an und fragt: „Geht das auf eine Insel?“

Ich bin verwirrt. Was ist das für eine Frage? Ganz Irland ist eine Insel. Fragt die Frau, wenn jemand etwas nach Berlin schickt: „Geht das in die Hauptstadt?“ Oder nach Frankreich. „Wird da Französisch gesprochen?“ Oder in die Schweiz. „Gibt es dort Käse mit Löchern?“

Ich antworte: „Irland ist doch selbst eine Insel.“ Dabei gehe ich am Ende des Satzes mit der Stimme hoch. Damit es sich nach einer Frage anhört und nicht nach Mansplaining.

Die Frau wird ungeduldig. Sie fragt: „Ja, aber geht es auf eine Insel-Insel?“ Weil ich nicht weiß, was sie damit meint, sage ich: „Nein, nach Irland-Irland.“

So genervt wie die Frau mich anschaut, gehe ich davon aus, das Paket wird nie ankommen.


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