Eine kleine Wochenschau | KW48/49-2022 (mit Verlosung)

Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.


28. November 2022, Berlin

Der Sohn müsste heute eigentlich Musik schreiben. Kann er aber nicht. Er ist krank. Vielleicht reagiert sein Körper allergisch auf die Bestimmung von Tonarten, Takten, Kontrapunkten, Motiven und allem, was zur Analyse von Musikstücken dazugehört. So wie er hustet, röchelt und fiebert, scheint er aber tatsächlich krank zu sein, und versucht nicht, sich vor der Arbeit zu drücken. Oder es ist eine oscarreife schauspielerische Leistung, für die er es auch verdient hätte, zuhause zu bleiben.

29. November 2022, Berlin

Heute darf ich Gast in einem Podcast sein. Dem weltweit erfolgreichsten Schweizer Väter-Podcast mit dem weltweit schönsten Väter-Podcast-Namen Take Dad.

Ich habe lange gezögert, bevor ich zugesagt habe. Nicht weil mir die Podcast-Hosts, Christoph und Felix, unsympathisch sind oder ihre Anfrage irgendwie unangemessen war. Ganz im Gegenteil. Das Problem bin ich. Tonaufnahmen sind für mich äußerst herausfordernd.

Wenn ich rede, klingt meine Stimme für mich angenehm, einigermaßen sonor und fast schon prädestiniert, um erotische Ärzteromane einzulesen. („Schwester Mirjam, Sie sind so blass. Legen Sie sich bitte hin, damit ich ihren – kurze Pause – Puls befühlen kann.“) Sobald meine Stimme aber aufgenommen wird, hört sie sich für mich an, als steckten ein paar heiße Kartoffelknödel in meinem Hals, als befände sich in meinem Mund aufgrund einer genetischen Anomalie keine Zunge, sondern ein Frottee-Waschlappen, und als würde ich obendrein circa 18 Liter Speichel pro Minute produzieren.

Lange Zeit dachte ich, der Klang meiner Stimme würde sich durch die Aufnahme unvorteilhaft verändern. Irgendwann wurde mir dann klar, dass sie sich für andere immer so anhört. Seitdem versuche ich, Reden in der Öffentlichkeit möglichst zu vermeiden.

Im Nachhinein bin ich froh, bei dem Podcast mitgemacht zu haben, denn ich hatte eine richtig gute Zeit. Ob das später auch für die Take Dad-Hörer*innen gelten wird, weiß ich allerdings nicht.

Meinen humoristischen Höhepunkt in dem Gespräch habe ich, als wir über das Studium der Tochter in Irland reden. Dabei weise ich darauf hin, dass es dort keine Irish Pubs gäbe, sondern ausschließlich Pubs. (Ein Gag der darauf hindeutet, dass die Take Dad-Fans beim Hören der Folge nur eine semi-gute Zeit haben werden.)

Zum Schluss darf ich einen Song für die Take Dad-Playlist aussuchen. Ich entscheide mich für „Der Ablativ von Bumm“ von Fortuna Ehrenfeld. Der wartet mit den schönen Zeilen, „Wer das hier liest, ist doof, aber wer das hier schreibt halt auch“ sowie „Von deinen fifteen famous minutes ist die vierzehnte grad rum“ auf. Als Autor mit Imposter-Syndrom hat das fast schon autobiographische Züge.

30. November 2022, Berlin

Spotify fordert mich auf, mir meinen Jahresrückblick anzuschauen. 2022 habe ich über 85.000 Minuten gehört. Mehr als 98 Prozent der Hörer*innen weltweit. Das finde ich ziemlich viel. Allerdings nur bis mir die Kinder ihre Ergebnisse mitteilen. Der Sohn kann 97.000 Minuten vorweisen, die Tochter sogar 118.000. Wie das neben Schule und Uni funktioniert, ist mir schleierhaft. Zur Wahrung der familiären Harmonie ist es vielleicht besser, dem nicht weiter auf den Grund zu gehen.

Laut Spotify habe ich über 90 verschiedene Genres gehört und mich damit im Genreversum aufgehalten. Was auch immer das heißen soll. Mein Top-Genre war Brill Building Pop. Ich habe keine Ahnung, was das überhaupt ist. Vielleicht bin ich zu alt für Spotify-Jahresrückblicke. Dass zu meinen weiteren Top-Genres Deutschrock, Klassik und klassischer Schlager gehört, scheint diese These zu bestätigen.

Aufgrund dieses Genre-Wirrwarrs hat Spotify anscheinend Schwierigkeiten, meine Listening Personality zu bestimmen. Ich werde als Unkonventionelle*r Hörer*in eingestuft: „Du weißt genau, was du gerne hörst. Während bei den anderen die neuesten Hits laufen, bist du eher in Nischen unterwegs.“ Klingt wie die etwas nettere Umschreibung von: „Alter, du hörst so eine merkwürdige, abseitige Kacke, dass wir für irgendeine nichtssagende Kategorie für deine Hörgewohnheit erfinden müssen.“

Meine Top-Songs und Künstler*innen des Jahres 2022 kann ich noch nicht offenlegen. Nicht weil sie mir peinlich sind – das auch –, sondern weil wir im Januar unsere familieninterne Jahreshitparade durchführen und bis dahin müssen unsere Lieder geheim bleiben.

01. Dezember 2022, Berlin

Heute ist meteorologischer Winterbeginn. Und Welt-AIDS-Tag. Und Iss-einen-roten-Apfel-Tag. Letzteren hat sich wahrscheinlich Schneewittchens Stiefmutter ausgedacht.

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Der Sohn war heute den ersten Tag wieder in der Schule. Er kommt mit guten Nachrichten nach Hause. Er hat in seiner Biologie-Klausur 13 Punkte.

Es ist nicht auszuschließen, dass seine gute – beziehungsweise sogar sehr gute – Note durch den Umstand begünstigt wurde, dass seine Schwester die gleiche Biologie-Lehrerin in der Oberstufe hatte. Und vor allem dadurch, dass sie ihre alten Arbeiten aufgehoben hat. Da kann der Sohn dann auch nichts dafür, dass sich der Stoff im Bio-Grundkurs in den letzten drei Jahren nicht grundlegend geändert und die Lehrerin die Klausur zumindest in Teilen recycelt hat. Als sozialer und großzügiger Mensch hat der Sohn die Arbeit unter seinen Freund*innen verteilt, was sich durchaus positiv auf den Notenddurchschnitt ausgewirkt hat und das ist für die Lehrerin ja auch schön.

02. Dezember 2022, Berlin

Die Weihnachtsbäckerei läuft bei uns weiterhin recht schleppend. Außer den Choco Crossies, die wir für die Tochter gemacht haben und die gerade in Dublin in irgendeinem Paket-Verteilerzentrum liegen, ist noch keine weitere Sorte dazugekommen. Unsere eigenen Choco Crossies sind außerdem schon alle.

Nicht weil ich verfressen bin, sondern weil die Choco Crossies auf der Küchenanrichte in einem Behältnis mit einem Deckel, der sehr leicht zu öffnen ist, standen. Jedes Mal, wenn ich in die Küche ging, um mir einen Kaffee zu holen, und ich trinke sehr viel Kaffee, riefen mir die Choco Crossies zu: „Iss uns, Christian, iss uns!“ (Der Deckel der Dose ist nicht nur sehr leicht zu öffnen, sondern auch so dünn, dass das sehr gut zu hören war.) Und wer bin ich, dass ich mich dem Wunsch von Choco Crossies widersetze? Da blieb mir gar nichts anderes übrig, als immer wieder zuzugreifen, denn wer bin ich, dass ich mich dem Wunsch von Choco Crossies widersetzen könnte.

Damit wir am Wochenende richtig ins Weihnachtsbäckerei-Game einsteigen können, mache ich heute einen Zutaten-Großeinkauf. Im Bio-Supermarkt. Mehl, Butter, Eier, Zucker, Puderzucker, Vanillezucker, Vanilleschoten, gemahlene Mandeln, gehackte Mandeln, geraspelte Mandeln, ganze Mandeln, Rosinen, Schokolade, Kuvertüre, Marzipan und vieles mehr. Als ich an der Kasse erfahre, was ich dafür bezahlen muss, muss ich kurz schlucken. (Die EC-Karte ebenfalls.) Wahrscheinlich wäre es günstiger, anstatt Plätzchen zu backen, Golddublonen zu lutschen.


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