Zum Sonntagabend gibt es meine semi-originellen Gedanken und semi-spannenden Erlebnisse aus der abgelaufenen Woche. Manchmal banal, häufig trivial, meistens egal.
04. Dezember 2023, Berlin
Morgendliche Laufrunde im Schlosspark Charlottenburg. Ich werde überholt. Das passiert schon mal. Allerdings nicht ganz so oft, dass es jemand auf Langlauf-Skiern ist.
Der Mann läuft im klassischen Stil. Dass er damit schneller ist als ich, spricht nicht für mein Tempo. Allerdings ist er bei dem verschneiten Untergrund mit seiner Wahl des Fortbewegungsmittels deutlich im Vorteil.
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Ich bringe ein Päckchen in den Paketshop/Kiosk meines Vertrauens. Der Mitarbeiter hinterm Tresen ist ein 1,90-Hüne mit stattlichem Möbelpacker-Kreuz. Er trägt eine schwarze, fast mantellange Jacke von Carlo Calucci. Das weiß ich nur, weil das in großen weißen Buchstaben kreuz und quer auf der Jacke steht.
Die Mantel-Jacke ist aus einem sehr flauschigen Stoff, der wie Teddybär-Fell aussieht. Sie sieht sehr warm aus. Ich würde sie am liebsten streicheln. Aber ich bin mir nicht sicher, ob der Paketshop-Mann das gut fände, wenn ich ihn anfasse. Da er ein 1,90-Hüne mit stattlichem Möbelpacker-Kreuz ist, möchte ich es auch nicht ausprobieren.
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Die Kasse im Supermarkt zeigt 7,77 Euro an. Der Kassierer und ich freuen uns über die Schnapszahl. Vielleicht ein bisschen zu sehr für zwei erwachsene Menschen.
05. Dezember 2023, Berlin
Gestern Abend haben wir Zimtsterne gebacken, heute habe ich vom Ausstechen eine schmerzende Stelle am rechten Mittelfinger. Fällt das schon unter fragile Männlichkeit?
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In meinem Postfach entdecke ich eine Mail von Frankonia, einem Jagdausstatter aus Bayern. Eine Bestellbestätigung über eine Knochensäge der Marke Puma in orange sowie ein Messerset Jaeger Pair. Klingt, als hätte ich Weihnachtsgeschenke für Hannibal Lecter gekauft.
Da ich keine Jagdutensilien bestellt habe, gehe ich davon aus, dass die Mail eigentlich für meinen bayerischen Namensvetter gedacht ist. Der hat fast die gleiche E-Mail-Adresse wie ich und gibt sie häufiger falsch ein, so dass ich häufiger Mails erhalte, die an ihn gehen sollen. Dank ihm bekomme ich beispielsweise monatlich den Newsletter des Bayerischen Jagverbands, der mich regelmäßig mit Tipps für die Revierpraxis, Informationen zu Schießlehrgängen sowie den neuesten Wildbret-Rezepten versorgt.
Ich habe trotzdem keinen Bedarf an Knochensägen und Messersets. Daher hoffe ich, dass der bayerische Christian Hanne nicht auch versehentlich meine Wohnanschrift für die Lieferung angegeben hat.
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Wir nötigen den Sohn, seine Schuhe vor die Tür zu stellen und einen Teller Plätzchen sowie ein Glas Milch zu richten. Schließlich ist morgen Nikolaus. Da er am Sonntag keine Zeit hatte, mit uns Ausstechplätzchen zu backen, hoffe ich darauf, dass meine Frau und ich die Geschenke bekommen.
06. Dezember 2023, Berlin
Meine Laufrunde führt mich in den Volkspark Rehberge. Die Wege sind leicht verschneit und eisig. Zumindest ist aber niemand auf Langlauf-Skiern unterwegs.
In der Ferne sehe ich eine Gruppe von drei oder vier Personen mit Hunden. Diese sind nicht angeleint und ich kenne sie auch nicht vom Sehen. Da ich bei mir unbekannten Hunden lieber Vorsicht walten lasse und auch keine Lust habe, ins matschige Unterholz neben dem Weg auszuweichen, nehme ich eine Abzweigung und ändere meine Streckenführung.
Eine nur mittelmäßig gute Idee, wie ich kurz darauf feststellen muss. Plötzlich kommt mir ein Trupp von circa 50 Soldat*innen entgegen, die auf dem Parkweg marschieren, und ich muss trotzdem in den Matsch ausweichen.
An der Spitze des Marschtrupps läuft ein Mann von Anfang/Mitte 40. Er nickt mir zu, ich nicke zurück. Die anderen Soldat*innen sehen sehr jung aus. Sehr, sehr jung sogar. Wie fünfzehnjährige Schulkinder. Wir mussten seinerzeit in der 10. Klasse beim Planspiel Börse mitmachen. Vielleicht gibt es heute so etwas wie Planspiel Bundeswehr.
Auf den schmalen Schultern dieser Jungen und wenigen Mädchen ruht also unsere Landesverteidigung. Ich hoffe, dass kein Land auf die Idee kommt, Deutschland zu überfallen. Gegen Liechtenstein hätten wir vielleicht noch eine Chance, bei Luxemburg könnte es schon schwierig werden.
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An der Uni der Tochter ist heute Christmas Day. Eigentlich etwas verfrüht, finde ich, aber als Studierende feierst du die Feste, wie sie fallen. In Carlow gibt es anlässlich dieses Tages eine Tradition namens „The twelve pubs of Christmas“. Ich denke, die Regeln sind selbsterklärend.
Praktischerweise hat die Tochter mittwochs keine Veranstaltungen. So kann sie ausgiebig diesen landestypischen Brauch pflegen und einen wertvollen Beitrag zur deutsch-irischen Völkerfreundschaft leisten.
Bevor es um 12 Uhr mit ihren Freundinnen in den ersten Pub geht, treffen sie sich zu einem ausgiebigen Frühstück. Von wegen Grundlage schaffen und so. Außerdem nehmen sie sich vor, nach jedem zweiten Pint ein Wasser zu trinken und nach dem sechsten Pub etwas zu essen. Wir sind stolz, wie viel Lebenspraktisches die Tochter bereits in ihrem zweiten Studienjahr gelernt hat.
Das perfekte Schrottwichtel-Geschenk
Sie sind noch auf der Suche nach einem Geschenk für Weihnachten? Oder fürs Schrottwichteln? Da könnte eines meiner Bücher genau das Richtige sein. Schreiben Sie mir einfach eine Mail.
Die Bücher kosten zwischen 10 und 12 Euro (plus Versandkosten). Gerne versehe ich das Buch auch mit einer persönlichen Widmung. (Das verhindert, dass es weiterverschenkt werden kann.)
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)