¡Hola España! – Vorbereitung (03.09.): Zurück in die Vergangenheit

Der alljährliche Urlaubsblog. Aus Spanien. Nicht live, aber dafür in Farbe und HD. Falls Sie, aus welchen Gründen auch immer, alle Beiträge des ¡Hola España!-Blogs lesen möchten, werden Sie hier fündig.

„Wie heißt nochmal unser Urlaubsort?“ So doll wie meine Frau ihre Augen verdreht, ist zu befürchten, sie kullern gleich aus den Höhlen. Ich möchte nicht ausschließen, dass ihre Augenrollerei darauf zurückzuführen ist, dass ich diese Frage nicht zum ersten Mal gestellt habe, sondern bereits mehrfach. Wie oft, vermag ich nicht zu sagen.

„Vilafortuny. Zwischen Salou und Cambrils“, antwortet meine Frau. Sie redet sehr langsam und etwas zu laut für normale soziale Gepflogenheiten. Als wäre ich schwer von Begriff und schwerhörig. Dabei habe ich nur ein sehr schlechtes Namensgedächtnis. Das schließt neben Personen, Bäumen, Blumen und Vögeln nun mal Orte ein.

Titelbild in den spanischen Farben rot und gelb gehalten mit einem Foto aus den 70ern mit einem dreijährigen mit weißem Strandhütchen und weißem Bademantel unter einem Sonnenschirm am Strand.

Dieses Jahr urlauben wir also in Spanien. (Das konnte ich mir merken.) Vilafortuny ist ein kleiner Ort in Katalonien an der Costa Dorada, hat rund 5.000 Einwohner*innen und liegt ziemlich genau zwischen Cambrils (35.000 Einwohner*innen) und Salou (knapp 30.000 Einwohner*innen). Rund 100 Kilometer und eine anderthalb- bis zweistündige Zugfahrt entfernt von Barcelona (gut 1,6 Millionen Einwohner*innen) Besondere Sehenswürdigkeiten: keine. (Außer ein paar Kirchen.)

Meine Frau und ich waren beide schon dreimal in Spanien, aber nur einmal gemeinsam. Vor 20 Jahren, die Tochter war fast eins und wir machten eine Woche Urlaub in einem Familienhotel auf Mallorca. Das erste und einzige Mal all-inclusive mit allem Drum und Dran. Mit Fressfessel, Kinderbespaßung, für die die Tochter zu klein war, und abends um 18 Uhr Familien-Disco. Deswegen existieren Filmaufnahmen, wie ich mit der Tochter auf dem Arm zu den Kita-Klassikern „Veo Veo“ und „Head, Shoulders, Knees and Toes“ tanze. Ich hoffe, der Clip findet nie seinen Weg ins Internet.

Letztes Jahr war meine Frau dann auf Dienstreise in Barcelona. Zu einer Antirassismus-Konferenz der spanischen EU-Ratspräsidentschaft. Dort musste sie unerwartet an einer Regierungsrunde als Vertreterin des Familienministeriums teilnehmen und quasi die Bundesregierung auf internationaler Bühne vertreten. Ich probierte derweil in Berlin ein Käsekuchen-Muffins-Rezept aus, das ich auf TikTok gefunden hatte, was ja auch eine ehrenwerte Aufgabe ist.

Ich wiederum war vor rund fünfzehn Jahren, als ich noch bei einer internationalen PR-Agentur arbeitete, auf einer Fortbildung in Madrid. Zu welchem Thema weiß ich nicht mehr. (Offensichtlich nicht zu „Achtsames Zuhören“.) Ich erinnere mich nur noch, dass ich die meiste Zeit in einem seelenlosen Seminar-Hotel verbrachte und versuchte, das Englisch der spanischen Kolleg*innen zu verstehen.

Außerdem waren wir beide schon mal in Cambrils. Nicht zusammen, sondern jeweils mit unseren Familien. Das ist 47 Jahre (bei meiner Frau) beziehungsweise 46 Jahre (bei mir) her. Augenscheinlich war die Costa Dorada Ende der 1970er ein beliebtes Urlaubsziel bei Deutschen.

Für meine Frau war das als Kind ihre einzige Auslandsreise und für ihre Eltern ebenfalls ein Urlaubshighlight. Meine Mutter und mein Vater würden das über ihren Cambrils-Aufenthalt eher nicht sagen. Sie fingen sich eine Lebensmittelvergiftung ein und verbrachten große Teile des Urlaubs im Bett beziehungsweise Bad.

Mein älterer Bruder war damals fünf, musste zum Supermarkt gehen und dabei seine Angst vor den freilaufenden Hunden überwinden. Ich war gerade drei und meine Aufgabe bestand darin, vom Balkon aus Ausschau nach ihm zu halten und meinen Eltern Bericht zu erstatten.

Somit ist unser Spanien-Urlaub eine Reise in die Vergangenheit. Ich hoffe, uns ergeht es besser als damals meinen Eltern. (Notiz an mich selbst: Fischgerichte meiden)

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Dieses Jahr ist eine Premiere für uns. Wir fahren das erste Mal, seit wir Eltern sind, ohne die Kinder in Urlaub. Mit 21 und 18 haben sie anscheinend besseres zu tun, als mit uns zu verreisen. Verständlicherweise.

So große Kinder zu haben, ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Und eine zwiespältige Sache ist es auch. Die Vorteile: Die Kinder sind selbständig, du musst ihnen nicht mehr die Nägel schneiden, die Besuche von Sport- und Musikveranstaltungen entfallen und der Kontakt zu anderen Eltern ist erfreulich gering. Die Nachteile: Du fühlst dich alt, quasi nur noch einen Schritt vom Großvater entfernt, und musst ihnen obendrein ein Studium oder eine Ausbildung finanzieren, was äußerst kostspielig ist.

Ein weiterer Pluspunkt ist wiederum, dass du dich bei der Urlaubsplanung nicht mehr an den Schulferien orientieren musst und in der Nebensaison verreisen kannst. Das spart sehr viel Geld, das dann ins Studium oder die Ausbildung deiner Kinder fließt.

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Gerne würde ich behaupten, wir haben unsere Entscheidung, nicht mit dem Flugzeug, sondern mit der Bahn nach Spanien zu reisen, aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes getroffen. Damit wir unseren Enkeln und Urenkeln einen bewohnbaren Planeten hinterlassen. Und um uns über andere, die in den Urlaub fliegen, moralisch erheben zu können.

Das sind selbstverständlich sehr gute Argumente für eine Reise auf der Schiene – vor allem die moralische Überlegenheit –, aber der eigentliche Grund ist ein anderer: Wir fliegen einfach beide sehr, sehr ungern. Meine Frau hat regelrecht Flugangst, die sie versucht, mit Bachblüten und Hanftropfen in Schach zu halten, da sie keinen Zugang zu Rohypnol oder Propofol hat.

Ich bin im Flugzeug nicht direkt ängstlich, aber nervös. Weil ich nicht verstehe, wie eine Maschine, die hunderte von Tonnen wiegt, abheben und sich in der Luft halten kann. Ja, ja irgendwas mit Vortrieb, Auftrieb und Aerodynamik. Genauso einleuchtend fände ich die Erklärung, Piloten steuern Flugzeuge mithilfe von Zaubersprüchen. Dem ist aber nicht so, weswegen ich auf Flügen vor Aufregung meine Oberschenkelmuskeln immer derart stark anspanne, dass ich kurz vor einem Krampf bin. Und bei Turbulenzen kurz vorm Muskelfaserriss.


Fortsetzung

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