Zusätzlich gibt es per Mail ein 50-seitiges PDF mit Informationen rund um unseren Trip.
- Sicherheitshinweise: „Be careful when walking near cliffs and stay clear of the edge.”
- Anweisungen für akute Notfälle: „Do not panic. Someone will find you e. g. other walkers using the trial” (Quasi „Abwarten und Tee trinken.“)
- Tipps bei Tier-Begegnungen. „Cattle: Calves are very curious and may run towards you. Don’t run away. If you do this, the cattle will simply follow you.” (Hoffentlich jagt die Herde einen nicht über die Klippen.)
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Die „Recommended Equipment List“ führt unter „Essentials“ wasserfeste Oberbekleidung, Funktionsunterwäsche, geeignete Socken und Schuhe, Stulpen, warme Mütze und Handschuhe (auch im Sommer) sowie einen Rucksack auf. (Damit niemand auf die Idee kommt, mit einer Aldi-Tüte zu wandern.)
Ich beschließe, als Kleidung meine Laufklamotten zu verwenden. Aus ökologischen und vor allem ökonomischen Gründen, denn die habe ich ja bereits. Was gut genug für einen Marathon ist, sollte für eine 20-Kilometer-Wanderung erst recht reichen. („Berühmte letzte Worte“)
Auf Mütze und Handschuhe verzichte ich ganz. Die trage ich sonst bis maximal fünf Grad und so kalt wird es wohl selbst im irischen Sommer nicht werden. (Weitere „Berühmte letzte Worte“)
Auf der Liste mit „Additional Suggestions“ stehen unter anderem Sonnencreme, Sonnenbrille und Sonnenhut. Das scheint mir angesichts der irischen Wetterverhältnisse etwas übervorsichtig zu sein. Oder überoptimistisch.
Sonnencreme und -hut packen wir trotzdem ein. Schließlich wollen wir nicht die ersten Irland-Besucher*innen seit 200 Jahren sein, die sich einen Sonnenbrand zuziehen.
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Mit den vielen Listen, Landkarten, Hinweisen und Wegbeschreibungen fühlen wir uns bestens vorbereitet. Da kann eigentlich nichts schief gehen. (Noch mehr „Berühmte letzte Worte“) Falls doch habe ich wenigstens eine schöne Grabinschrift.
Von Irischen Tagebüchern und Gebrauchsanweisungen
Fehlt nur noch die landeskundliche Vorbereitung auf unseren Urlaub. Mein Wissen über Irland ist nicht besonders groß. Sogar eher klein, um nicht zu sagen winzig.
Mein Irland-Bild ist hauptsächlich durch die Kerrygold-Butter-Werbung geprägt. Demnach besteht das Land aus vielen grünen Hügeln, Kühen und alten Männern mit Schiebermützen sowie rothaarigen Frauen, die in dick mit Butter beschmierte Stullen beißen. (So falsch ist dieses Bild wahrscheinlich gar nicht. Vielleicht abgesehen von den Bütterken essenden Rothaarigen.)
Ein paar irische Filme habe ich gesehen. Allerdings ist das schon länger her. The Commitments zum Beispiel. Ich erinnere mich jedoch nur noch an die Szene, in der die Band im Kreis steht und alle klopfen sich gegenseitig auf die Schulter, um sich zu beglückwünschen, aber ich weiß nicht mehr zu was.
Waking Ned habe ich während meines Auslandsstudiums in England geschaut. Wobei ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, ob der Film überhaupt in Irland spielt. Da auf dem Filmplakat grüne Hügel abgebildet sind, wird es aber wohl so sein.
Von Fish & Chips haben wir sogar die DVD. Colm Meany (aka Chief O’Brien vom Raumschiff Enterprise) kommt während der WM 1990 auf die Idee seiner Arbeitslosigkeit ein Schnippchen zu schlagen, indem er zusammen mit einem Freund einen Fish & Chips-Imbisswagen eröffnet. Auch an diesen Film habe ich nur vage Erinnerungen. Eigentlich nur, dass er zu großen Teilen in Pubs spielt und dass zum Schluss der Imbisswagen im Meer versenkt wird.
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Ich beschloss, unseren Irland-Trip literarisch vorzubereiten. Zunächst mit Irisches Tagebuch von Heinrich Böll. Während meines Zivildiensts hatte ich einiges von ihm gelesen. Ansichten eines Clowns, Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder Wanderer kommst du nach Spa. Fand ich alles ziemlich gut. Außerdem dachte ich damals, ich könnte Frauen beeindrucken, wenn ich in Unterhaltungen einfließen lasse, dass ich Böll lese. Hat aber nicht wirklich funktioniert. Was unter anderem daran lag, dass die Anzahl meiner Unterhaltungen mit Frauen sehr überschaubar war.
Fast 30 Jahre später war ich vom Irischen Tagebuch nicht ganz so angetan. Zu viele schräge Metaphern für meinen Geschmack.
- „… die Sicherheitsnadel, die alte keltisch-germanische Fibel, trat wieder in ihr Recht.“ (Was hat eine Nadel mit einer Fibel zu tun und wie kann sie in ein Recht treten?)
- „Ein Leuchtfeuer bellte rot-weiß dem Schiff entgegen.“ (Wie viel Whiskey musst du trinken, damit du ein Leuchtfeuer bellen hörst?)
- „.. wo es den Nektar Westeuropas in großzügigen Portionen um billiges Geld gab: Tee“ (What?)
Wahrscheinlich hat sich niemand im Verlag getraut, zu Böll zu gehen und ihm zu sagen: „Du Heinrich, bei den Sprachbildern musst du noch mal ran.“
Aber wer bin ich, dass ich mich über die Wortwahl und Ausdrucksweise eines Literaturnobelpreisträgers erhebe? Wahrscheinlich bin ich im Laufe der Jahre zu abgebrüht und zynisch geworden und es mangelt mir einfach an dem notwendigen Intellekt, um die poetische Kraft der Böllschen Sprache in all ihrer Schönheit zu erfassen.
Meine Eltern sehen das anscheinend ähnlich. Sie schenkten mir Gebrauchsanweisung für Irland von Ralf Sotschek. Das bewegt sich eher auf meinem Niveau.
Durch das Buch habe ich gelernt, dass Irland sehr dünn besiedelt ist – zumindest was Menschen angeht, bei Schafen sieht das schon anders aus –, und Mitte des 19. Jahrhunderts unter einer fürchterlichen Hungersnot litt. Damals starben eine Million Menschen und zwei Millionen wanderten aus, was eine Erklärung für die dünne Besiedlung ist. Irland ist außerdem sehr katholisch – was eine noch dünnere Besiedlung verhindert. Daher stehen Iren dem Protestantismus argwöhnisch-kritisch gegenüber. England noch argwöhnischer und kritischer. (Wegen ehemaliger Kolonialmacht und allem, was damit zusammenhängt.) Abgesehen davon, sollen die Iren äußerst freundliche Menschen sein.
Selbstverständlich steht in der Irland-Gebrauchsanweisung noch viel mehr. Schließlich hat das Buch über 200 Seiten. Aber das waren die Sachen, die ich mir behalten habe und, um ehrlich zu sein, wusste ich die auch schon vorher. (Außer das mit der Hungersnot.) Aber so ist das im zunehmenden Alter. Da verändert sich nicht nur dein Stoffwechsel, sondern auch die Speicherkapazität deines Gedächtnisses nimmt ab und wird unzuverlässiger. Du musst dann auf das zugreifen, was da schon länger rumliegt.
Ach ja, dass in Irland eine ausschweifende und mitunter maßlose Pub-Kultur gepflegt wird, habe ich mir auch gemerkt. Aber das war mir ebenfalls schon vorher bekannt.
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Etwas hat mir bei Bölls Irischem Tagebuch doch gut gefallen. Die Vorbemerkung.
„Es gibt dieses Irland: wer aber hinfährt und es nicht findet, hat keine Ersatzansprüche an den Autor.“
Das gleiche soll für mein Irisches Tagebuch gelten.
Gewinnspiel
Die For Me-Karten wurden verlost und die Gewinnerinnen benachrichtigt. Herzlichen Dank an alle, die so fleißig kommentiert haben, und den Gewinnerinnen viel Spaß beim Festival.
Alle Beiträge der Irischen Tagebücher finden Sie hier:
- Vorbereitung: Wie alles begann
- Anreise (02. Juni): Da wackelt nichts
- Zugfahrt (03. Juni): Mit der Ir’schen Eisenbahne
- Etappe 1 (04. Juni): Von Camp nach Annascaul
- Etappe 2 (05. Juni): Von Annascaul nach Dingle
- Etappe 3 (06. Juni): Von Dingle nach Dunquin
- Etappe 4 (07. Juni): Von Dunquin nach Cuas
- Bus- und Zugfahrt (08. Juni): Von Dingle nach Dublin
- Dublin (09. Juni): Wo sind all die Tier hin?
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
Wie jedes Jahr freue ich mich auf dein Tagebuch. (finde wer in fremden Tahebüchern liest darf dutzen)
Auch wenn mich das Fernweh ja nach Föhr zieht, bin ich gespannt auf neue Abenteuer.
Die wichtigste Fragen stehen ja noch aus:
Wird es Wecken geben?
Gibt es ein Kniffelturnier?
Vor wie vielen Hunden werdet ihr davon rennen?
Und wie kommt jemand der in der absoluten Hitze, bei entflohenen Wolfshunden, dutzende Kolometer läuft darauf vorher einen passiven Urlaub gemacht zu haben?
Grüße aus Hessen
Ich freue mich auf das Tagebuch. So lerne ich auch mal was über Irland. Vielleicht…
Das Info bei Infotainment wird hier ja eher klein geschrieben.
Der Start vom irischen Tagebuch liest sich schon mal gut, freue mich auf die nächsten Urlaubsberichte.
Ich war auch mal in Irland. Allerdings habe ich da nicht gewandert ( ok, ganz kurz), sondern jongliert.
Endlich! Ich habe schon sehnlichst auf den Bericht gewartet :-D Und gerade die Böll-Zitate haben mir viel Freude bereitet. Aber auch der Cliffhanger zu den berühmten letzten Worten ist vielversprechend. Danke!
kurz Klugscheissermodus an – zumindest das Sprachbild mit der keltischen Fibel ist korrekt. Lateinisch Fibula, ist eine Fibel nicht nur ein Buch zum Lesenlernen, sondern auch ein altes Wort für eine Spange, Kleidernadel :-)
Ganz wichtiger Film, der in der Auflistung fehlt: “PS: Ich liebe dich”
Hachz….
Jippie, wieder ein Urlaubstagebuch!
Ob du mal wieder den Tod triffst? Darauf bin ich gespannt – er mag bestimmt irischen Whiskey und Brote mit irischer Butter 😉
Ich kommentier mal mit :-) wenn Sie schon Tickets für eine Nachbarstadt verlosen. :-) viele Grüße aus Dortmund!
Endlich ist sie wieder da, die Ferienzeit und damit auch endlich wieder DER Reiseblog meines Vertrauens. Bereits die letzten Jahre hatte ich meine tägliche Freude daran.
Ich erinnere mich immer noch gerne an die Föhr‘schen Hefeteilchen.
Ich bin gespannt auf die Geschichten aus Irland!
Wieder mal ein schönes Urlaubstagebuch. Vielleicht überlege ich doch auch mal wandern zu gehen im Urlaub. Die Yoga-Karten würde ich meiner Schwester schenken :)