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25.06.2021, Berlin
Morgen fliegen wir in den Urlaub nach Sardinien und ich gehe heute zum Friseur. Damit beginnt traditionell mein Urlaub. Mit einem Haarschnitt. Damit ich am Strand fresh aussehe. Das darf ich aber nicht sagen, weil die Kinder das cringe finden. (Wenn ich cringe sage, finden sie das übrigens auch cringe, aber das nur am Rande.)
Ich gehe schon seit Jahren zu einem arabischen Friseur bei uns in der Straße. Er ist flink und schweigsam. Zwei Qualitäten, die ich bei einem Friseur sehr schätze. Allerdings nimmt er es nicht immer so genau mit meinen Anweisungen, wie ich die Haare geschnitten haben möchte. An den Seiten und hinten kurz, oben nur die Spitzen. Damit ich mir einen Scheitel kämmen kann, wie ihn Don Draper in Mad Men trägt.
Warum ich wie Don Draper aussehen möchte, ist mir selbst nicht ganz klar, denn er ist ein eher unsympathischer Zeitgenosse. Er betrügt seine Ehefrau, behandelt seine Mitarbeiter von oben herab und ist auch sonst eine Spur zu arrogant und selbstverliebt. Aber irgendwie ist er trotzdem cool. (Die toxische Männlichkeit nickt selbstgefällig). Und außerdem hat er eine schnittige Frisur, die mir gefällt. Mein arabischer Friseur schneidet meine Haare oben aber immer zu kurz, so dass es nicht zu einem Don-Draper-Scheitel reicht, sondern mehr zu einer Art Bürzel wie bei Tim aus Tim & Struppi.
Neben mir sitzt ein kleiner Junge und bekommt ein Batman-Logo in den Hinterkopf rasiert. Kurz überlege ich, zu sagen: „Die gleiche Frisur wie er.“, widerstehe aber der Versuchung. Stattdessen belasse ich es bei meinem Standard-Spruch: „Wie immer. An den Seiten und hinten kurz, oben nur die Spitzen.“ Mein arabischer Friseur nickt. „Maximal zwei Zentimeter“, schiebe ich nach. „Ja, ja“, entgegnet er und legt los.
Zuerst schneidet er mit der Maschine zügig die Seiten und den Hinterkopf, stutzt die Augenbrauen ein wenig und rasiert auch an den Ohren rum. Damit habe ich mich abgefunden. Ich habe beschlossen, dass ich mich erst alt fühle, wenn er meine Nasenhaare trimmt.
Schließlich greift er zur Schere und bearbeitet die Haare oben. Wie gewünscht, schneidet er zwei Zentimeter ab, und ich bin zufrieden. Dann korrigiert er ein wenig nach und schneidet einen weiteren Zentimeter weg und bei den zwei weiteren Korrekturschritten jeweils noch einen Zentimeter. Anschließend kämmt er alle Haare in die Stirn und schneidet so viel ab, dass nur noch zwei Zentimeter übrig sind. Tim-&-Struppi-Tim schaut mich aus dem Spiegel an.
Vielleicht entscheide ich beim nächsten Mal doch für das Batman-Logo am Hinterkopf.
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Zur Urlaubsvorbereitung gehört nicht nur der Friseurbesuch, sondern in Corona-Zeiten auch der Besuch in der Teststation. Ende Mai waren für die Einreise nach Italien noch PCR-Tests vorgeschrieben, die maximal 48 Stunden alt sein durften. Preislich bewegen die sich zwischen 50 und 120 Euro, bei einem Schnelltest direkt am Flughafen werden gerne auch mal 150 Euro und mehr fällig.
Bei acht Tests für Hin- und Rückfahrt hätten wir auch eine Woche Urlaub auf Föhr machen können. Plus drei weitere Wochen für die zwei Wochen Sardinien, weil wir ohne die Tests ja nicht fliegen könnten. Die Zeit und vor allem die sinkenden Infektionszahlen spielten uns aber in die Hände: Die italienischen Einreisebestimmungen wurden noch zweimal geändert und inzwischen sind nur noch die günstigeren Antigen-Tests erforderlich.
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Es ist 16 Uhr und wir warten zu viert vor einer Corona-Teststation in der Turmstraße. Quasi unser gemeinsamer offizieller Urlaubsbeginn. Ich hoffe aber, dass das nicht zur gleichen Tradition wird wie mein Prä-Urlaubs-Friseur-Besuch.
Ich hatte unseren Termin in dieser Teststation gebucht, weil sie zum einen bei uns in der Nähe liegt und zum anderen einen halbwegs vertrauenswürdigen Eindruck macht. Das liegt in erster Linie an der einigermaßen hochwertigen Schaufenster-Beklebung und dem ebenfalls einigermaßen professionellen Internet-Auftritt. Und daran, dass in dem Laden früher zwar Handys verkauft wurden, aber inzwischen ausschließlich Corona-Tests durchgeführt werden. Für den Kiosk direkt nebenan gilt das nicht. Dort hängt über dem Eingang ein selbst bedrucktes Banner („Corona Test-Center”) und im Fenster steht ein wackeliger Tisch sowie ein altersschwacher Klappstuhl. Dort fummelt der Späti-Betreiber Menschen, die anscheinend die Kontrolle über ihr Leben verloren haben, mit dem Teststäbchen im Mund rum, bevor er dann anderen Kund:innen Bier und Zigaretten verkauft.
Nach einer knappen halben Stunde sind wir alle getestet. Die junge Frau, die uns die Testzertifikate ausdruckt, freut sich für uns, dass wir nach Sardinien fliegen. Sie würde gerne mal in der Dominikanischen Republik Urlaub machen. Sie habe keinen Bock mehr auf Türkei, wo sie immer die Verwandtschaft besuchen müsse. Das verstehe ich. Die Türkei ist bestimmt wunderschön – ich war leider noch nie dort -, aber im Urlaub andauernd bei den Verwandten abhängen zu müssen, stelle ich mir nicht gerade erholsam vor. (No offence, Verwandte!)
Ach ja, unsere Tests waren alle negativ. Alles andere wäre ein ziemlicher Downer gewesen. Der Urlaubsblog wäre dann schon zu Ende, bevor er richtig angefangen hat, und das wäre ja auch schade.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)
Ich hätte nie gedacht, das ich jemals „Don Draper“ googeln würde.
Freu mich schon auf die nächsten Teile.
Das ist ja quasi ein öffentlich-rechtlicher Bildungsauftrag, den ich hier erfülle. Nur dass die Leser:innen halt selbst recherchieren müssen.