Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 6): Heart of Gold (1/3)

Dass ich dieses Jahr so gut wie gar nichts gebloggt habe, ist ja kein Zustand. Kein Urlaubsblog, kein Gespräch mit dem Tod, kein Garnichts. Daher kurz vor Schluss ein retrospektiver Krankenhaus-Blog. Quasi wie Urlaub, nur ohne Urlaub.


Tag 1: Ein kaputtes Herz muss man reparieren
Tag 2: Don’t go breaking her heart
Tag 3: Her heart will go on
Tag 4: Every beat of her hear
Tag 5: Tock! Goes her heart


Samstag, 7.30 Uhr. Mein Handy-Wecker holt mich mit sphärischen Klängen aus dem Schlaf. Heute geht es zurück nach Berlin. Noch im Bett liegend, wünsche ich den Kindern per WhatsApp einen guten Morgen und schreibe, dass ich mich auf unser Wiedersehen freue. Keine Reaktion. Wie immer. Ist ja auch noch zu früh für den jugendlichen Biorhythmus. Oder sie brauchen etwas länger, um ihre Freude in Worte zu fassen.

Als nächstes muss ich mich um mein Klamottenproblem kümmern. Gestern konnte ich noch auf mein Ersatz-Polo-Shirt, meine Ersatz-Unterhose und meine Ersatz-Socken zurückgreifen. Aufgrund meiner über 40-jährigen Lebenserfahrung habe ich auf Reisen nämlich immer ein paar Back-up-Klamotten dabei. Falls beim Essen etwas schiefläuft, muss ich nicht in Food-Batik-Klamotten rumlaufen.

Meine über 40-jährige Lebenserfahrung hat aber nicht ausgereicht, mir vorzustellen, dass sich mein Aufenthalt um zwei Tage verlängern könnte. Nun habe ich nichts Frisches zum Anziehen und ziehe ich nach und nach meine bereits getragenen T-Shirts aus meinem Rucksack. Ich schnüffle an jedem von ihnen, ob wenigstens eins nicht nach brunftigem Bison-Büffel riecht. Ich komme mir vor wie bei einer bizarren Wetten-dass-Wette. („Wetten, dass Christian am Geruch seiner T-Shirts erkennt, wann er sie getragen hat, wie viele Schritte er gelaufen ist, wie viele Milliliter er geschwitzt hat, was er zum Mittagessen hatte und wie das Tier heißt, das dem Geruch am ähnlichsten ist!“) Wenigstens steht Thomas Gottschalk nicht neben mir und reißt zotige Sprüche.

T-Shirt-Geruchskategorie (Symbolbild; Originalgeruch könnte strenger sein)

Schließlich entscheide ich mich für ein T-Shirt der Kategorie „Müffelt vielleicht ein klein wenig, raubt dir aber noch nicht den Atem und treibt dir auch nicht die Tränen in die Augen.“

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Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 5): Tock! Goes her heart (1/3)

Dass ich dieses Jahr so gut wie gar nichts gebloggt habe, ist ja kein Zustand. Kein Urlaubsblog, kein Gespräch mit dem Tod, kein Garnichts. Daher kurz vor Schluss ein retrospektiver Krankenhaus-Blog. Quasi wie Urlaub, nur ohne Urlaub.


Tag 1: Ein kaputtes Herz muss man reparieren
Tag 2: Don’t go breaking her heart
Tag 3: Her heart will go on
Tag 4: Every beat of her heart


Freitag, 7.20 Uhr. Ich schicke den Kindern nach dem Aufstehen einen Guten-Morgen-Gruß, auf den sie nicht reagieren. Also alles im grünen Bereich Zuhause. Anschließend gehe ich zum Frühstücksraum. Wie im Foyer wurde hier viel Marmorimitat verbaut – vielleicht gab es da ein Sonderangebot – und es gibt die gleichen Messinglampen und samtbezogenen Zebra-Stühlen.

Auf den Tischen stehen große Thermoskannen mit Kaffee und kleine Tischmülleimer. Bei meinem Klassenkameraden Olaf gab es auch immer diese kleinen Tischmülleimer. Das übte als Kind eine eigenartige Faszination auf mich aus. Einerseits fand ich das ein bisschen abstoßend. Wer will schon im Angesicht eines Mülleimers frühstücken? Andererseits war es praktisch, um den eigenen Tellerrand von Eierschalen, Käserinden und Wurstpellen freizuhalten. Tischmülleimer sind eigentlich wie Darmspiegelungen. Eklig, aber gleichzeitig nützlich.

Tischmülleimer (Symbolbild; Original kann von Abbildung abweichen)
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Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 4): Every beat of her heart (1/3)

Dass ich dieses Jahr so gut wie gar nichts gebloggt habe, ist ja kein Zustand. Kein Urlaubsblog, kein Gespräch mit dem Tod, kein Garnichts. Daher kurz vor Schluss ein retrospektiver Krankenhaus-Blog. Quasi wie Urlaub, nur ohne Urlaub.


Tag 1: Ein kaputtes Herz muss man reparieren
Tag 2: Don’t go breaking her heart
Tag 3: Her heart will go on


Donnerstag, 7.00 Uhr. Ich schreibe eine Gute-Morgen-Nachricht an die Kinder. Sie bleibt wie immer unbeantwortet. Es geht ihnen also gut. Ich sitze auf dem Bett meiner Hotel-Box und suche am Laptop nach einer neuen Unterkunft. Ich hatte nur bis heute das Zimmer gebucht, weil ich vollkommen naiv dachte, ich könnte zwei Tage nach der OP wieder zurückzufahren. (Wahrscheinlich habe ich gar nicht nachgedacht.) Meine Frau hat die Operation zwar sehr gut überstanden und macht täglich Fortschritte, aber ich habe das Gefühl, es wäre besser, zu bleiben, bis sie auf die normale Station verlegt wird. Laut den Ärzten morgen oder Samstag.

Als ich den Kindern gestern Abend mitgeteilt habe, dass ich noch ein paar Tage länger weg bin, hielt sich ihr Kummer in Grenzen. Sie meinten, ich könne auch ruhig bis Sonntag bleiben, das würde ihnen wirklich gar nichts ausmachen. Wirklich überhaupt nichts. Ich müsse mir keine Sorgen um sie machen. Aha!

Reaktion der Kinder, als sie erfahren, dass ihr Vater zwei Tage länger wegbleibt (Symbolbild)
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Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 3): Her heart will go on (1/3)

Dass ich dieses Jahr so gut wie gar nichts gebloggt habe, ist ja kein Zustand. Kein Urlaubsblog, kein Gespräch mit dem Tod, kein Garnichts. Daher kurz vor Schluss ein retrospektiver Krankenhaus-Blog. Quasi wie Urlaub, nur ohne Urlaub.


Tag 1: Ein kaputtes Herz muss man reparieren
Tag 2: Don’t go breaking her heart


Mittwoch, 6.55 Uhr. Ich schreibe den Kindern eine Nachricht, ob bei ihnen alles in Ordnung ist. Sie reagieren nicht, aber das ist kein Grund zur Besorgnis. Die Kinder ignorieren immer meine Fragen auf WhatsApp. Oder sie antworten drei Tage später mit einem Daumen-hoch-Emoji, ganz egal, was die Frage war.

Nach dem Duschen versuche ich, in meiner Vier-Quadratmeter-Hotel-Box, die keinen Schrank hat, Ordnung zu schaffen. In der Ecke vor dem Waschbecken richte ich eine Schmutzwäschen-Zone ein, die Ecke vor der Eingangstür wird zur Wechselklamotten-Zone. Allerdings ist das Zimmer so klein, dass die beiden Zonen fließend ineinander übergehen. Die schmutzige Wäsche breitet sich unaufhaltsam aus und droht, die Wechselklamotten-Zone zu okkupieren. Ich trenne beide Bereiche mit dem Koffer meiner Frau, den ich gestern aus dem Krankenhaus mitgenommen habe. Er ist quasi die neutrale Zone. Wie zwischen Süd- und Nordkorea. (Sie dürfen selbst entscheiden, ob Nordkorea die Schmutzwäsche-Zone und Südkorea die Wechselklamotten-Zone ist oder umgekehrt.)

Wäsche nach zwei Tagen. (Symbolbild; keine farbgetreue Darstellung)

Die komplette Bodenfläche ist nun mit Wäsche bedeckt. Um das Zimmer zu verlassen, muss ich über das Bett klettern und mich am Fußende unter der Treppe, die zur Dusche führt, hindurchquetschen. Somit habe ich mir in meinem Low-Budget-Hotel ein eigenes Gym erschaffen. Toll!

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Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 2): Don’t go breaking her heart (1/3)

Dass ich dieses Jahr so gut wie gar nichts gebloggt habe, ist ja kein Zustand. Kein Urlaubsblog, kein Gespräch mit dem Tod, kein Garnichts. Daher kurz vor Schluss ein retrospektiver Krankenhaus-Blog. Quasi wie Urlaub, nur ohne Urlaub.


Tag 1: Ein kaputtes Herz muss man reparieren


Dienstag, 5.30 Uhr. Der Handywecker reißt mich aus dem Schlaf. Heute wird es ernst. Die Herz-OP meiner Frau. Ihr persönlicher O-Day. Unbekümmertheit vortäuschend, stehe ich mit Schwung auf und trete gegen die Wand. Ich muss mich noch an die Größe – beziehungsweise Kleine – des Hotelzimmers gewöhnen.

Die Dusche, die sich über dem Bett befindet, erweist sich als erstaunlich geräumig. Zumindest für ein Zwergkaninchen. Wenigstens hat sie eine Glastür und keinen verkeimten Duschvorhang, der schon bei der kleinsten Berührung Spontanherpes am ganzen Körper auslöst.

Hotelzimmer. (Symbolbild; maßstabsgetreue Darstellung)

Im Eingangsbereich des Hotels genehmige ich mir einen Kaffee aus einer riesigen Pumpkanne. Den gibt es gratis. Zugegebenermaßen kein Weltklasse-Kaffee, aber bei einem geschenkten Gaul erwartest du ja auch nicht, einen edlen Vollblutaraber zu bekommen.

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