Föhr 2018 – Tag 19: Da kann man nicht meckern

„Jetzt streng dich gefälligst mal an, wir sind hier doch nicht bei der Fit-in-den-Morgen-Strandgymnastik für gichtige Greise!“ Es ist halb neun, ich hänge an der bekannten Reckstange und Beach Body treibt mich auf seine ebenfalls bekannte Art, für die ihn Eiskunstlaufmütter in Chemnitz beneiden, an, Klimmzüge zu machen. Es ist heute Morgen ziemlich windig und ich wäre froh, wenn es mich nicht von der Stange weht.

Trotzdem protestiere ich schweratmig: „Das ist aber ein unfairer Vergleich.“

„Sorry, mein Fehler“, antwortet Beach entschuldigend. „Die Omis und Opis, die da am Strand rumhupfen, sind wenigstens motiviert.“

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Föhr 2018 – Tag 18: Für eine Handvoll Schafköttel

Es ist kurz nach acht und ich stehe beim Bäcker an. Da die Frau und die Tochter heute ein paar Wellness-Behandlungen gebucht haben, musste ich gestern Abend Beach Body in einer längeren Diskussion davon überzeugen, dass wir erst nach dem Frühstück laufen gehen. Begeistert war er zwar nicht („Und was genau spricht dagegen, dass wir die Trainingseinheit nicht einfach um vier beginnen?“), willigte aber schließlich ein.

In der Schlange vor mir steht ein Paar mit ihrer kleinen Tochter. Die Mutter ist ungefähr Anfang 30, schlank mit seidig glänzendem schulterlangem Haar, der Vater im gleichen Alter, sportliche Statur mit kurzem modischen Haarschnitt und die Tochter von circa drei bis vier Jahren wäre mit ihren blonden Löckchen die Idealbesetzung als Engel in allen Krippenspielen weltweit. Die gesamte Familie wirkt, als wäre sie einem Werbefilm entsprungen, und ich habe das Bedürfnis, das gleiche Auto wie sie zu fahren, die gleiche Butter auf mein Brot zu schmieren, meine Wäsche mit dem gleichen Waschmittel zu waschen, die gleiche Limonade zu trinken und den gleichen Schokoriegel zu essen, einfach um so zu sein wie sie.

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Föhr 2018 – Tag 17: Von Wasser-Basketball-Matches, Hula-Hoop-Reifen und Fingerhüten

 „Vierzehn Camping-Wecken, fünfzehn Camping-Wecken, sechzehn Camping-Wecken, …“ Nein, ich befinde mich nicht beim Bäcker, wo die Verkäuferin gerade meine Bestellung abzählt, sondern es ist kurz nach acht und ich mache Liegestütze. Beach Body gibt den Drill Sergeant und hält meine Füße in Schubkarrenposition hoch. Weil die letzten beiden Tage das Training ausfiel, will er mich mit der Camping-Wecken-Zählweise besonders motivieren. Ich müsse lernen, mir im Geiste vorzustellen, wie ich Camping-Wecken esse, anstatt mich pausenlos damit vollzustopfen, so Beach. Mein Körper würde es mir danken. Das Einzige, das ich mir gerade im Geiste vorstelle, ist, wie ich Beach ohrfeige. Das dankt mir mein ganzes Ich.

Der Himmel ist recht stark bewölkt, was sich auch nicht gerade leistungsfördernd auswirkt. Beach scheucht mich jetzt zu den Reckstangen, um Klimmzüge zu machen, und blökt mir ins Ohr: „Drei Mal zehn Camping-Wecken-Klimmzüge, sollten reichen, damit das faule Fleisch in Schwung kommt.“

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Föhr 2018 – Tag 16: Und es hat Mäh gemacht

„Wie bitte? Du glaubst wohl, du bist hier im Urlaub?“ Es ist halb acht und Beach Body steht sichtlich erregt vor dem Schlafstrandkorb. Gerade habe ich ihm eröffnet, dass es auch heute nichts mit dem Fitness-Training wird, da die Frau und der Sohn in der Ferienwohnung auf Brötchen warteten, und die Tochter und ich außerdem heute Vormittag nach Oevenum zum Schafe scheren wollten, von dem wir irrtümlich annahmen, dass es schon gestern stattfindet. Beach ist äußerst unzufrieden mit meiner Ankündigung und murmelt etwas von „mangelnde Einstellung“, „fehlender Trainingsfleiß“ sowie „Aber zum Camping-Wecken fressen ist anscheinend Zeit“. Dann zieht er von dannen, erklärt mir allerdings vorher noch, morgen würden wir dafür trainieren, wie ich noch nie trainiert hätte.

Bis zu Beachs Auftauchen war es eigentlich ein sehr schöner Morgen. Die Wellen hatten mich geweckt und nachdem ich das Verdeck geöffnet hatte, schien uns die Morgensonne in den Schlafstrandkorb. So wachen bestimmt Könige jeden Tag auf. Oder Landstreicher.

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Föhr 2018 – Tag 15: Auf der Jagd nach den Euros!

Es ist kurz vor acht, als ich erwache. Für einen Urlaub zwar etwas früh, aber wir haben uns für heute Vormittag etwas Programm vorgenommen. Der Sohn hat um 10.30 Uhr seinen Surfkurs, die Tochter und ich wollen zur gleichen Zeit nach Oevenum zum Schafe scheren und die Frau ist etwas unpässlich und möchte in den Strandkorb. So hat jedes Familienmitglied seine Verpflichtungen.

Nur unter Aufbringung meiner größten Überzeugungskraft konnte ich Beach Body dazu bringen, mein für heute angesetztes Fitness-Programm zu verschieben. Er meinte zwar, ich solle mich auf meinen „Leistungen“ – dabei machte er sehr viele Anführungszeichen in der Luft – des gestrigen Stadtlaufs nicht ausruhen, denn nur weil ich bei diesem Spaßläufchen nicht Letzter geworden sei, dürfe jetzt trotzdem nicht der Schlendrian Einzug in mein Training halten. Aber unter dem Gesichtspunkt der Regeneration – und die sei insbesondere im fortgeschrittenen Alter wichtig – wäre ein Ruhetag akzeptabel. Allerdings bedeute dies nicht, dass ich mir einen faulen Lenz machen dürfe, sondern ich solle heute mindestens 20.000 Schritte gehen.

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Föhr 2018 – Tag 14: Run, Camping-Wecken, run!

Es ist fast halb zehn, als ich erwache. Beach Body ist nicht da, das heißt, er hält sich an die sonntägliche Regeneration. Ich freue mich auf einen Tag, an dem wir entspannen und am Strand faulenzen können. Nach unserer gestrigen Stadtbummel-Fahrradtour-Minigolf-Action ist das ja auch angebracht.

Ich mache mich fertig und will zum Bäcker gehen. Vorher frage ich den Sohn, ob er mitkommt. Er will nicht. „Und was ist mit dem Gratis-Minibrötchen?“, will ich von ihm wissen. Das sei ihm egal, erwidert er. Er bekomme seine Brötchen ja auch so gratis und die seien viel größer. Damit hat der Sohn zwar recht, bringt mich aber auch auf die Idee, am Frühstückstisch künftig Geld für die Brötchen zu verlangen.

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Föhr 2018 – Tag 13: Wir können mehr als Meer

Es ist schon neun Uhr, als ich erwache. Beach Body ist bereits in unserer Küche und durchsucht den Papiermüll nach inkriminierenden Brötchentüten. Vorausschauend habe ich die Tüte aber gestern Abend in kleine Stücke gerissen und aufgegessen, damit mir Beach nicht wieder eine Standpauke hält.

Beach fordert mich auf, ich solle mich für unser heutiges Fitnesstraining umziehen. In diesem Moment beginnt es zu regnen.

„Das ist aber schade“, sage ich mit mäßig gut gespielter Enttäuschung. „Da wird das wohl heute nichts mit dem Training.“

„Na klar doch“, erwidert Beach lachend. „Der Regen wird dich von deinen Ernährungssünden der letzten zwei Wochen reinwaschen.“

Da es aussichtsloser ist, mit Beach zu diskutieren, als einem betrunkenen Pavian das Kopfrechnen beizubringen, füge ich mich meinem Schicksal und wir machen uns auf den Weg. Der Sohn ist solidarisch und begleitet mich.

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Föhr 2018 – Tag 12: Surfing the wind. Das Prequel.

Ich wache um 8.30 Uhr auf, weil jemand in der Küche rumort. Es ist Beach Body. Zur Begrüßung hält er anklagend eine leere Tüte vom Bäcker, die er aus dem Papiermüll gefischt hat, in die Höhe und fragt: „Hast du etwa Brötchen gegessen?“

„Kann schon sein“, druckse ich rum.

„Etwa mit Weißmehl?“, fragt Beach inquisitorisch.

Ich zucke mit den Schultern. „Vielleicht?!“

Beach ist einer Ohnmacht nahe und muss sich an der Arbeitsplatte abstützen. „Du weißt schon, dass Weißmehl das reinste Gift für deinen Körper ist, oder?“, fragt er, nachdem er sich einigermaßen gefangen hat. „Da kannst du gleich Zyankalikapseln schlucken.“ Jetzt riecht er an der Tüte. „Waren das sogar Camping-Wecken?“

„Aber die sind so le…“ Beach bringt mich mit einer Handbewegung zum Schweigen.

„Die sind aus Hefeteig“, erklärt er. „Hefe ist der Endgegner der Strandfigur. Dein Kryptonit.“ Dann verstummt Beach.

„Bist du sauer?“, frage ich ihn, nachdem er eine ganze Weile nichts gesagt hat.

„Nein, Christian, ich bin nicht sauer“, erwidert er. „Ich bin nur sehr, sehr enttäuscht.“ Ach du meine Güte, jetzt hört sich der Fitness-Schinder auf einmal an wie ein Sozialpädagoge.

„Da müssen wir wohl noch härter trainieren“, erklärt Beach schließlich. „Wenn schon der Geist schwach ist, muss wenigstens der Körper stark sein. Beziehungsweise werden.“

Guten Morgen! #schoenefoehrien #werbungdaortsnennung #keincash

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Föhr 2018 – Tag 11: Wasser-Ballspiele. Oder: Catch me if you can

Es ist kurz vor halb sieben, als mich das Plätschern der Wellen weckt. So wie ich es mir bei der Übernachtung im Schlaftstrandkorb vorgestellt habe (Allerdings erst anderthalb Stunden später). Nicht vorgestellt habe ich mir allerdings die Seniorinnengruppe, die sich um 6.30 Uhr zum Frühschwimmen trifft und dabei lautstark unterhält.

Guten Morgen! #schoenefoehrien #werbungdaortsnennung #keinekohledafür

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Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und der Strand fast menschenleer. Allerdings nicht tierleer. Über dem Strandkorb kreisen ein paar kreischende Möwen wie Aasgeier über ihrer Beute. Ich hoffe, sie haben mir nicht den Part des Aases in ihrem Rollenspiel zugewiesen. Glücklicherweise sage ich den Möwen aber anscheinend als Frühstück nicht zu und sie verschwinden wieder.

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Föhr 2018 – Tag 10: Eine Nacht am Meer

Es ist 7.30 Uhr, als ich von einem lauten „Guten Morgen, du faulpelziges Faultier!“ geweckt werde. Beach Body steht in unserem Wohnzimmer, wo wir seit der Ankunft der Kinder auf dem Schlafsofa nächtigen, und reißt die Gardinen auf.

„Nachdem du gestern beim Flanieren durchs Watt regenerieren konntest, hauen wir heute so richtig rein“, eröffnet mir Beach.

„He, das waren gestern sechzehn Kilometer, die wir insgesamt gegangen sind“, protestiere ich.

„Genau“, erwidert Beach. „Und heute laufen wir sechzehn Kilometer. Schön in einem knackigen Tempo, um mal wieder einen Reiz zu setzen.“

Den Reiz setzt Beach bei mir ja eigentlich mit seiner schieren Anwesenheit, aber ich glaube, er versteht darunter etwas anderes. Er wirft mir meine Laufklamotten zu und pfeift „Sweeet Sixteen“ von Billy Idol.

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