Gespräche mit dem Tod (16): Der gute Jahresplan

Samstagabend, kurz nach 21 Uhr. Ich sitze am Küchentisch und überlege, was ich mir für das nicht mehr ganz so neue Jahr vornehmen kann. Schadet ja nichts, sich mal aufzuschreiben, was man in den nächsten zwölf Monaten machen und erreichen will. So als stetig mahnendes Dokument, das dann irgendwann Ende Februar oder Anfang März in den Mülleimer wandert.

Jetzt aber bin ich noch voller Enthusiasmus – ein seltenes Gefühl, dass mich einmal jährlich im Abstand von ungefähr zwölf Monaten wie ein kurzer, fiebriger Infekt überkommt. Eifrig notiere ich Ziele, gute Ideen sowie Zwischenschritte, kategorisiere und priorisiere und fülle Jahres-, Quartals-, Monats- und Wochenpläne aus. Auf dem Tisch stapeln sich vollgekritzelte Zettel, Notizen und Papiere. Ich möchte nicht wissen, wie viele Bäume für meinen Jahresplan gefällt werden mussten. Ergänze „Umweltbewusster leben“ bei meinen Jahreszielen. Doppelt unterstrichen und mit drei Ausrufezeichen.

Ich denke gerade darüber nach, ob das Ziel „Sich gesünder ernähren“ bedeutet, weniger Käsekuchen zu essen, als es klingelt. Etwas ungewöhnlich für diese späte Uhrzeit, denke ich. Vielleicht ist eine der Frauen aus der Studi-WG im 3. Stock. Für die hatte ich vor ein paar Tagen ein Paket angenommen.

Als ich die Tür öffne, steht dort aber keine junge Studentin, sondern eine hagere Gestalt in einer dunklen Kutte, die beide schon bessere Tage gesehen haben. Es ist der Tod, der mir ab und an einen Besuch abstattet.


Gespräche mit dem Tod

„Hallo, alter Freund“, sagt er.

„Mensch, das ist ja eine schöne Überraschung“, erwidere ich und wir nehmen uns zur Begrüßung in den Arm.

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