Auch dieses Jahr steigert der musikalische Adventskalender die Vorfreude auf das Weihnachtsfest ins Unermessliche. Diesmal mit ganz vielen phantastischen Gastautorinnen und Gastautoren, die ihre liebsten Lieder zur Weihnachtszeit vorstellen. Viel Spaß beim Hören!
###
Durch den musikalischen Adventskalender weht ein wenig internationaler Flair, denn den heutigen Song stellt Séverine von ‚Mama on the rocks‘ aus der Schweiz vor (Hier bitte kurz die Eurovisions-Melodie pfeifen). Sie schreibt auf ihrem Blog sehr amüsant, häufig komisch und manchmal nachdenklich über das Leben mit ihren beiden Kindern ‚Lady Gaga‘ und ‚Copperfield‘. Einmal hätten wir uns fast auf einem Blogger-Treffen persönlich getroffen und Séverine hat mir sogar ein großzügiges Schweizer Schokoladen-Geschenk mitgebracht, dass dann treuhänderisch von Johnny vom ‚Weddinger Berg‘ verwahrt und gegessen wurde. Bei anderer Gelegenheit trafen wir uns dann tatsächlich, dann aber leider ohne Schokolade (oder Johnny hat sie ihr vorher abgeknöpft).
Das Lied, das Séverine vorstellt, ist ein moderner Weihnachtsklassiker. Während man sich an dem Original schon ein wenig überhört hat, ist das Cover aber umso besser.
‘Mama on the rocks, möchte zu Weihnachten alles
Im Sommer 1994 war ich zum ersten Mal ohne meine Eltern im Urlaub – für einen ganzen Monat war ich zusammen mit einer Freundin und ihrer Mutter in Paralia Katerini in der Nähe von Thessaloniki. Vier Wochen Strandleben pur. Und die große Liebe. Jaja, ich habe mich dort unsterblich verliebt in einen Griechen, Yannis. Mein Mann heißt nicht Yannis, ihr könnt euch also denken, dass die Geschichte damals kein Happy End hatte. Der Herzschmerz war enorm, ich süße 17 Jahre alt. Und ich weiß noch genau, wie ich im Advent 1994 zum ersten Mal diesen Song von Maria Carey hörte: «All I want for Christmas is you».
Was habe ich gelitten, was habe ich dieses Lied geliebt! Ich wollte nur ihn: Yannis. Mariah Carey brachte auf den Punkt, was ich fühlte. Tatsächlich rief mein Grieche an Sylvester 1994 an, obwohl wir uns schon in den Ferien wieder getrennt hatten. Ich hörte danach aber nie wieder von ihm.
Viele Jahre habe ich ihm nachgeschmachtet. Und immer, wenn im Advent dieses Lied lief, dachte ich an meine unglückliche Liebe ohne Happy End. Ich trauerte, schrieb Gedichte, träumte von ihm. Teenie-Liebe ist ja so intensiv!
Irgendwie ging das Leben aber weiter. Yannis war verarbeitet. Stattdessen kamen (und gingen) andere Männer, andere Weihnachten, an denen ich um irgendeine Liebe trauerte und ALL I WANT FOR CHRISTMAS schmachtete. Schließlich muss man das laut mitsingen! Und es gab immer einen Mann, der eben NICHT bei mir war, denn ich schaffte es, an Weihnachten meistens Single zu sein. Vielleicht weil man sich dann insgeheim fragt: Möchte ich den da wirklich meinen Eltern vorstellen?!
2003 kam der Film «Love, actually» in die Kinos, ein Episodenfilm mit vielen wunderbaren Geschichten rund um Weihnachten, die sich am Ende zu einem Ganzen verknüpfen. Ich liebe diesen Film (wer nicht?!) und schaue ihn eigentlich jedes Jahr einmal an. Relativ am Ende singt die zehnjährige Joanna den Carey-Song an der Schulvorführung. Sam, der heimlich in sie verliebt ist, hat für sie Schlagzeug spielen gelernt. Als sie am Ende des Songs nochmals den Refrain singt, zeigt sie auf Sam, der zu strahlen beginnt, nur um direkt danach ins Publikum zu zeigen. Sams empörter Blick ist unbezahlbar:
Ende November 2009 kam LadyGaga zur Welt. Und plötzlich bekam das Lied eine völlig neue Bedeutung für mich. Weihnachten 2009 verbrachten wir zum ersten Mal nur zu dritt. Es war ruhig, es war besinnlich und so so schön, mit der eigenen kleinen Familie zu sein. Alles, was ich an diesem Weihnachtsfest wollte, lag in meinen Armen. Mehr brauchte es nicht. Ein unbeschreibliches Gefühl!
Und seither denke ich bei diesem Song nicht mehr an unerwiderte Liebe. Ich denke daran, was ich gewonnen habe im Leben: meine Familie, meine Kinder. Mehr brauche ich nicht an Weihnachten.
PS Bei der Recherche zu diesem Beitrag habe ich noch eine Version des Grauens gefunden: Mariah Carey singt den Song zusammen mit Justin Bieber. Es gibt eine Kotz- und Röchelgarantie, wenn ihr euch das anschaut. Carey räkelt sich die ganze Zeit lasziv an einer Wand, Bieber möchte man einfach nur in die Fresse hauen (sorry for that, Merry Christmas to you all und so!)
###
Vielen Dank, liebe Séverine, für dieses tolle Lied. Und noch viel mehr dafür, dass du uns die Carey-Bieber-Variante erspart hast. Zumindest halbwegs.
Mehr von ‘Mama on the rocks’ gibt es übrigens hier:
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)