„Wissen macht: Hä?“, meine immer noch recht neue Infotainment-Rubrik mit weiterhin mittelmäßig wenig Info und mittelmäßig viel tainment zu Jahres- und Feiertagen, geschichtlichen Ereignissen sowie aktuellem Zeitgeschehen. Wer regelmäßig „Wissen macht: Hä?“ liest wird wahrscheinlich nicht klüger, aber auch nicht dümmer. Vielleicht.
14. Mai ist Muttertag. Der Tag, an dem Mütter geehrt und gefeiert werden, in der Hoffnung, sie vergessen dann, dass sie die restlichen 364 Tage im Jahr in schlechter bezahlten Jobs arbeiten, in gut bezahlten Jobs weniger Geld als Männer bekommen, mehr Haus- und Carearbeit als Väter übernehmen und dafür mit einem erhöhten Risiko von Altersarmut belohnt werden.
Sollten Sie der Meinung sein, die Schnittblumenindustrie und die Nazis haben den Muttertag erfunden, liegen Sie falsch. Aber auch ein bisschen richtig. Tautologische Sätze mit wenig Aussagekraft und noch weniger Erkenntnisgewinn. Willkommen bei „Wissen macht: Hä?“
In der neuesten „Wissen macht: Hä?“-Ausgabe erfahren Sie, was wirklich der Ursprung des mütterlichen Ehrentages ist, wie er nach Deutschland kam, was die beliebtesten Geschenke zu Muttertag sind und noch viel mehr. Wie immer – das heißt, wie in der ersten Ausgabe – ist das hier alles knallhart recherchiert, streng evidenzbasiert und so fundiert, dass sie es mit ihrem neuen Wissen locker bis zur 50-Euro-Frage bei Günther Jauch schaffen.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Mütter, die sich Präsente und kleinere Aufmerksamkeiten zum Muttertag wünschen, müssen spätestens Mitte April ihre Partner und Kinder daran erinnern. Und nochmal Ende April, Anfang Mai, am Montag vor Muttertag und jeden Tag bis Samstagmorgen. Mit etwas Glück bekommen sie dann eines oder sogar mehrere der hier aufgeführten Geschenke.
Blumen: Das Number One Go-To-Geschenk an Muttertag. Mit Blumen zu Muttertag kannst du nichts falsch machen. Außer mit einem Strauß weiße Nelken. Die werden traditionell eher zu Beerdigungen verschenkt.
Pralinen: Nummer zwei unter den Evergreen-Muttertagsgeschenken. Damit machst du an Muttertag ebenfalls nichts falsch. Außer mit Mon Cherie. Die sind Ausdruck für Missachtung, mangelnde Wertschätzung und abgrundtiefen Hass und sollten weder zu Muttertag noch zu sonst irgendeiner Gelegenheit verschenkt werden.
Parfüm: Ebenfalls ein beliebtes Muttertagsgeschenk, aber durchaus heikel. Schließlich signalisiert es: „Du könntest besser riechen.“
Gutschein: Falls du als Kind den Muttertag vergessen hast, kannst du einfach morgens noch schnell einen Block mit Post-its beschriften. „1x Müll runterbringen“, „1x Geschirrspülmaschine ausräumen“, „1x Altglas wegbringen“, „1x Rücken kraulen“. Zack, fertig ist das Muttertagsgeschenk. Mütter sollten solche Gutscheine gut aufheben und 20 Jahre später einlösen.
Frühstückstisch decken: Was gibt es Schöneres als sonntagmorgens vom Duft frischen Kaffees geweckt zu werden, den die Kinder aufgebrüht haben? Genau, ihn nicht trinken zu müssen. Das ist noch viel schöner, denn Kinder sind die schlechtesten Kaffeekocher der Welt. Entweder sie benutzen so wenig Pulver, dass es geschmacklich vorteilhafter wäre, abgestandenes Spülwasser zu trinken. Oder sie hauen so viel Pulver in den Filter, dass dir die Überdosis Koffein den Herzschlag auf die Geschwindigkeit eines Scooter-Songs hochpeitscht.
Selbstgebackener Kuchen: Wenn Kinder zu Muttertag einen selbst gebackenen und bunt verzierten Schokokuchen überreichen, geht Müttern das Herz auf. Solange sie darüber hinwegsehen, dass er so unförmig ist, als hätte sich ein Nilpferd daraufgesetzt. Außerdem ist er mit einem Zentner bunter Streuseln und Zuckerperlen dekoriert, als hätte sich ein Einhorn mit schwallartigem Brechdurchfall darüber übergeben. Verzehrt werden sollte der Muttertagskuchen besser auch nicht. Entweder ist er steinhart gebacken, so dass beim Reinbeißen der Verlust der Schneidezähne droht, oder noch halb roh und birgt die Gefahr einer mittelschweren Salmonellenvergiftung.
Selbstgemalte Bilder: Kinder im Alter von zwei bis fünf bringen zum Muttertag häufig selbstgemalte Bilder aus der Kita mit. (Und falls nicht, bekommt der JU-Vorsitzende Tilman Kuban einen Tobsuchtsanfall und stellt die Kita-Leitung persönlich zur Rede.) So ein selbstgemaltes Bild ist herzallerliebst. Zumindest im Auge der betrachtenden Mütter. Für alle anderen sehen die „Kunstwerke“ aus, als seien sie von einem zugekokster Waschbären gemalt worden, und der Stil ist eine krude Mischung aus naiver Malerei, Kubismus, Ex- und Impressionismus.
Gedicht: Grundschulkinder verschenken zu Muttertag gerne Gedichte. Wenn die Mütter Glück haben, irgendein abgeschriebenes, wenn sie Pech haben einen selbstgereimten Gruß. Irgendetwas auf dem Niveau von „Kochen, waschen, bügeln, putzen – diesen Tag sollst du anders nutzen.“ plus ein paar Sätze, die sich auf Mama reimen. (Hammer, Klammer, Kammer) Oder auf Mutter. (Erdnussbutter, Fischkutter, Katzenfutter)
4) Everything Everywhere All at Once: Jeden Tag ist Muttertag, fast überall
Nicht auf der ganzen Welt fällt der Muttertag auf den zweiten Sonntag im Mai. Das ist ziemlich gut, denn so können Mütter durch geschicktes Umziehen mehrmals im Jahr Muttertag feiern.
Zum Beispiel im Februar in Norwegen, an den Märzwochenenden in Georgien, Bulgarien, Ägypten und Slowenien, im April wiederum in Armenien und Nepal, an den Maisonntagen in Angola, Südkorea, Mexiko, Samoa, Paraguay, Polen, Bolivien oder Nicaragua, im Juni dann in der Mongolei, in Luxemburg und Kenia. Im Juli sieht es mau aus, dafür wird im August in Thailand und Costa Rica gefeiert, der September muss wieder überbrückt werden, bevor es im Oktober nach Belarus, Malawi und Argentinien geht. Im November kann der Muttertag theoretisch in Russland begangen werden, aber vielleicht ist es besser darauf zu verzichten und stattdessen die Umzüge im Dezember nach Panama und Indonesien vorzubereiten.
Zugegebenermaßen ist dieses Muttertagshopping recht aufwändig. Dafür müssen Mütter aber sonntags nie selbst Frühstück machen. Allerdings gibt es nur Knäckebrot und Haferflocken ohne Milch, denn wegen der vielen Umzieherei ist kein Geld mehr übrig.
5) Quo vadis, Muttertag?
In Zeiten vielfältiger Familienmodelle wird der Muttertag zunehmend kritisch hinterfragt. Ob er noch zeitgemäß sei. Oder überkommene Geschlechterrollen beschönigt und zementiert. Von Familienforscher*innen gibt es Vorschläge, den Muttertag – und den Vatertag – durch einen Elterntag zu ersetzen. Das würde die Aufmerksamkeit stärker auf die Gleichstellung von Vätern und Müttern lenken.
Allein das Gedankenspiel, den Muttertag abzuschaffen, löst bei Tilman Kuban, Bayern-König Markus Söder und seinem Vize Hubert Aiwanger Schnappatmung aus. Das wirkt sich wiederum wenig förderlich auf ihr Denkvermögen aus. Markus Söder fabulierte beispielsweise kürzlich auf dem CSU-Parteitag: „Mutter ist mit Abstand das schönste Wort der Welt. Gibt es ein wichtigeres Wort?“ Ja, gibt es. Zum Beispiel Käsekuchen, Flutschfinger oder Ponyhof. Und dafür musste ich nicht einmal zehn Sekunden nachdenken.
Der Aiwanger Hubsi twitterte wiederum anscheinend in einer Art Fiebertraum: „Wer den Muttertag in Frage stellt, kommt mit seinem Leben nicht klar.“ Ob jemand, der ernsthaft der Ansicht ist, Deutschland wäre ein sichereres Land, wenn jeder anständige Mann und jede anständige Frau ein Messer in der Tasche trüge, darüber urteilen sollte, ob andere Menschen ihr Leben auf die Reihe bekommen, kann hier nicht vertieft erörtert, sondern nur stark verkürzt beantwortet werden: Nein, sollte er nicht.
Nun ist der Verzicht auf Muttertagsbasteleien sicherlich nicht die Lösung, um das Patriarchat und alle damit verbundenen Ungerechtigkeiten zu überwinden. Aber es ist bestimmt auch nicht der Untergang des Abendlandes, wenn wir anlässlich dieses Tages über Vielfalt und Rollenmodelle, Defizite bei der Gleichberechtigung oder über Begrifflichkeiten und ausschließende Sprache diskutieren.
Von daher, Tilman, Markus und Hubert: Wischt euch den Schaum vom Mund ab und dann schreibt ihr Mutti eine schöne Muttertagskarte. (Sofern ihr noch eine Mutti habt.) Da hindert euch niemand daran. Anschließend kümmert ihr euch bitte darum, das Ehegattensplitting zu canceln, Altersarmutsgefahren für Frauen zu minimieren und mehr Kinderbetreuungsplätze zu schaffen. Darüber freuen sich Mütter – und Nicht-Mütter – bestimmt mehr als über sinnbefreite Tweets oder Muttertags-Einlassungen an der Grenze zum Dadaismus.
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In diesem Sinne: Allen, die den Muttertag feiern, viel Spaß dabei, und allen, die ihn nicht feiern, einen schönen Sonntag!
Alle Folgen von “Wissen macht: Hä?” finden Sie hier.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Beim Herumtreiben in der Blogosphäre stoße ich immer wieder auf viele interessante Artikel, die zu gut sind, um sie nicht weiterzuempfehlen. Viel Spaß beim Lesen!
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Du weißt, es ist Muttertag, wenn die Kinder Frühstück machen und du Kaffee trinkst, der so stark ist, dass du Betablocker nehmen musst, um dem sicheren Herztod zu entgehen!
Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.