„Wissen macht: Hä?“, meine Infotainment-Rubrik mit mittelmäßig wenig Info und mittelmäßig viel tainment zu Jahres- und Feiertagen, geschichtlichen Ereignissen sowie aktuellem Zeitgeschehen. Wer regelmäßig „Wissen macht: Hä?“ liest wird wahrscheinlich nicht klüger, aber auch nicht dümmer. Vielleicht.
Valentinstag. Der Tag der Liebe, der Verliebten, der Blumen, der Schokolade und der Grußkarten. Der immer auf den 14. Februar fällt. Als Kind hat mich das gewundert. Mit den Feinheiten der deutschen Rechtschreibung noch nicht vollumfänglich vertraut, dachte ich, der Valentinstag müsse an einem Dienstag stattfinden, alles andere ergab für mich keinen Sinn.
Sollte Ihnen das bis heute so gehen, wissen Sie so wenig über den Valentinstag, dass die neue Ausgabe „Wissen macht: Hä?“ alle Ihre Fragen über den Valentinstag, von denen Sie vielleicht nicht einmal wussten, dass Sie sie haben, beantworten wird: Was ist der Ursprung und die Bedeutung von Valentinstag, wer ist überhaupt dieser Valentin, wie wird der Valentinstag in anderen Ländern begangen und welche Sitten und Gebräuche gibt es und?
Damit sollten Sie genügend Infos haben, um ihr Valentins-Date beim Smalltalk zu Tode zu langweilen.
1) Wie alles begann
Nicht wenige Menschen sind der Ansicht, der Valentinstag sei eine Erfindung der Blumen-, Schokoladen- und Grußkartenindustrie. Um die Zeit zwischen Weihnachten und Ostern zu überbrücken und einen schnellen Euro, Dollar, Rubel oder was auch immer zu machen.
Das stimmt aber nicht. Den Valentinstag gibt es schon seit vielen hundert Jahren. Seit dem 5. Jahrhundert, um genau zu sein. Was selbstverständlich nicht ausschließt, dass die damalige Blumen-, Schokoladen- und Grußkartenindustrie den Valentinstag erfunden hat, um einen schnellen Taler zu machen.
Ist aber eher unwahrscheinlich. Die Schokolade, wie wir sie kennen, gab es erst rund 1.000 Jahre später, bei der spärlichen Alphabetisierung der Bevölkerung wären die Grußkarten gefloppt und Schnittblumen kaufen, um Farbe und Freude in die eigenen vier Wände zu bringen, hatte sich in der Spätantike noch nicht durchgesetzt.
Ursprünglich war der Valentinstag ein kirchlicher Gedenktag zu Ehren des heiligen Valentin. Den fand Papst Gelasius I. super und entschied 496, dass am 14. Februar alle Menschen ganz doll an eben jenen denken sollen.
2) Der heilige Valentin: Wer ist das und wenn ja wie viele?
Wer war dieser heilige Valentin und was hat er gemacht, dass er seinen eigenen Gedenktag bekommen hat? Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind. Was schon mal damit anfängt, dass es nicht nur den einen Valentin gibt, sondern mehrere. Nicht weil der heilige Valentin an einer multiplen Persönlichkeitsstörung litt, sondern im Heiligenverzeichnis – ja, so etwas gibt es – sind für den 14. Februar gleich drei Valentine aufgeführt und bis heute ist nicht ganz klar, wer von denen nun der „one and only“ Valentinstag-Valentin ist.
Sehr wahrscheinlich wurden die Geschichten und Anekdoten der drei Valentine zusammengeworfen und, um es nicht zu kompliziert zu machen, einem von ihnen zugeschrieben. Dem italienischen Bischof Valentin von Terri, denn der war der Ranghöchste der Dreien.
Was hat der gute Bischof nun mit dem Valentinstag, wie wir ihn heutzutage begehen, zu tun? Zum einen hat er Soldaten getraut, obwohl das verboten war. Wer sich so gegen die Obrigkeit für die Amore einsetzt, qualifiziert sich zum Schutzpatron der Liebenden.
Der damals herrschende Kaiser Claudius II. fand das mit der Soldatentrauerei nicht so prickelnd. Außerdem war nur begrenzt tolerant, wenn sich jemand seinen Anweisungen widersetzte. Deswegen hieß es für Valentin „Kopf ab“. Am 14. Februar 269. Der Tag der Liebenden fußt also auf einer Hinrichtung. Mehr Romantik geht nicht.
Zum anderen betätigte sich Valentin zur Pflege seiner Work-Life-Balance und zur Erholung von seinem stressigen Bischofsjob in seiner Freizeit als begeisterter Hobbygärtner. Seine Blumen verschenkte er angeblich an Verliebte, die am Klostergarten vorbeiflanierten. Das freut die Floristenverbände, die an Valentinstag Menschen nötigen können, es dem Bischof gleichzutun und Blumen zu verschenken. Aber nicht aus dem eigenen Garten, sondern immer schön im Laden kaufen.
Als Valentin im Gefängnis saß, soll er der blinden Tochter seines Aufsehers einen Liebesbrief geschrieben haben, den er mit „Dein Valentin“ unterzeichnete, was darauf schließen lässt, dass der Bischof ein eher laxes Zölibatsverständnis. Pflegte. Die Grußkartenindustrie findet das mit dem Liebesbrief bis heute spitze und hat es an Valentinstag zu einem großen Ding gemacht, Liebesgrüße zu schreiben.
Ob der heilige Valentin gerne Süßigkeiten gefuttert hat, ist nicht überliefert. Es ist aber davon auszugehen, denn es muss ja einen Grund haben, dass an Valentinstag tonnenweise Pralinen und Schokolade verschenkt werden.
1969 strich die katholische Kirche den Valentinstag aus dem römischen Generalkalender. Die Begründung: Es gäbe keine historischen Belege für die Existenz Valentins. Dass sich eine Institution, die an die Auferstehung nach dem Tode, an Marienwunder und an das Verspeisen des Leib Christi in Form von Oblaten glaubt, plötzlich als Fact-Checker Number One geriert, ist etwas kurios, aber da kannste nix machen.
3) Vielleicht ist doch alles anders
Möglicherweise geht der Valentinstag gar nicht auf den heiligen Valentin und seine Verheiraterei, Blumenschenkerei und Liebesbriefe-an-Gefängniswärtertöchter-Schreiberei zurück. Die alternativen Valentinstag-Entstehungs-Erklärungen interessieren sie möglicherweise nicht, aber ich habe das trotzdem mal aufgeschrieben.
Im Römischen Reich war der 14. Februar ein Gedenktag für Juno, ihres Zeichens Göttin der Geburt, der Ehe und der Fürsorge. An diesem Tag gab es Blumenopfer für die gute Juno und junge Frauen machten kleine Abstecher in den Tempel, um dem Liebesorakel ein paar Hinweise zu geeigneten Gatten in spe zu entlocken.
Darüber hinaus fanden im alten Rom am 15. Februar die so genannten Luperkalien statt. Ein Fest zu Ehren des Herdengottes Faunus aka Luperkus. Bei den Feierlichkeiten ging es unter anderem um die Befruchtung des Landes, der Herden und – wenn man schon mal dabei war – der Menschen. Ob die Befruchtungsvorgänge streng separat gehandhabt wurden oder ob es da gewisse Überschneidungen gab, ist nicht überliefert. Angesichts spätrömischer Dekadenz sind fließende Übergänge aber nicht auszuschließen.
Die katholische Kirche hatte schon immer ein Faible dafür, die Festivitäten und Rituale anderer Religionen zu kapern, um den eigenen Feiertagen einen kleinen Popularitätboost zu verschaffen. (siehe Allerheiligen und Halloween) Daher ist es durchaus vorstellbar, dass der Valentinstag auf den Juno-Gedenktag und die Luperkalien und ihre Bräuche zurückgeht.
4) Liebe, Romantik und Kommerz
Als Tag der romantischen Liebe gilt der Valentinstag seit dem 14. Jahrhundert. Das Gedicht „Das Parlament der Vögel“ des englischen Schriftstellers Geoffrey Chaucer ist eines der frühesten Nachweise, dass Valentinstag der Tag der Verliebten ist.
Denn Feiertag Sankt Valentins war’s eben,
an dem zur Gattenwahl
nach diesem Ort sich alle Vögel,
die man kennt, begeben.
Dass Vögel Hochzeit feiern, wurde uns allen per Volkslied schon im Kindergarten beigebracht, aber was zur Hölle ist ein Parlament der Vögel? Vor allem würde mich interessieren, wer in der Vögel-Volksvertretung die AfD darstellt. Wahrscheinlich die Tauben. Die scheißen auf alles und (fast) niemand mag sie.
Der Valentinstag war zunächst ein höfisches Fest und entwickelte sich erst im England des 18. Jahrhunderts zu dem Tag wie wir ihn heute kennen und breitete sich von dort in der englischsprachigen Welt aus. Mit Blumen, Schoki, Grußkarten und dem ganzen Bums, die zum Valentinstag gehören wie Ketchup und Mayo zu Pommes, Altherrenwitze zu Büttenreden und der Arsch zum Eimer.
Weltweit werden zum 14. Februar über eine Milliarde Karten verschickt. 85 Prozent davon von Frauen.
Den Brauch des Blumenverschenkens gibt es bereits seit dem Mittelalter. Damals glaubten die Menschen, Frauen heirateten den Burschen, den sie an Valentinstag als erstes sehen. Deswegen versuchten besagte Burschen, ihrer Angebeteten am 14. Februar möglichst früh einen Strauß Blumen zu schenken. Dass sie ihre Chancen bei der Frau ihrer Träume erhöhten, indem sie sie um 2 Uhr in der Früh aus dem Bett klingelten und ihr halb verwelkte Rosen ins Gesicht drückten, darf allerdings bezweifelt werden.
Trotzdem hat sich das Blumenschenken an Valentinstag durchgesetzt. Weltweit gehen am 14. Februar rund 126 Millionen Rosen über die Ladentheke. Auch hier gibt es einen Gender Gap. In Deutschland werden 73 Prozent der Blumen von Männern gekauft.
Mit Süßigkeiten – hauptsächlich Schokolade – werden jedes Jahr eine Milliarde Euro Gewinn erzielt. Mit Schmuck, Karten, Essen und Co. werden weltweit weitere 13,5 Milliarden Euro umgesetzt.
Die Deutschen sind, was die Valentinsschenkerei angeht, etwas knauserig. Sie geben dafür im Schnitt 25 Euro aus. Deutlich generöser geht es bei den Briten und Franzosen zu. Die berappen am 14. Februar durchschnittlich 100 Euro. (Gut für die Beschenkten in Großbritannien und Frankreich, schlecht für die Schenkenden.)
Wer kurzfristig noch auf der Suche nach einem ganz besonderen Valentinsgeschenk ist, wird vielleicht in New York fündig. In einem Zoo in der Bronx kann man zum Valentinstag einer Kakerlake einen Namen geben. Vielleicht weniger ein Geschenk für aktuelle Partner*innen, sondern eher für den Ex oder eine Verflossene.
5) Die Deutschen und der Valentinstag. Es ist kompliziert.
In Deutschland wurde der Valentinstag erst nach dem Zweiten Weltkrieg populär. 1950 gab es in Nürnberg den ersten Valentinsball. Im Laufe der Jahre erfreute sich der Tag der Verliebten zunehmender Beliebtheit.
Uneingeschränkt positiv stehen die Deutschen dem Valentinstag allerdings nicht gegenüber. Laut Statista sind 40 Prozent der Deutschen der Meinung, es brauche keinen besonderen Tag, um Zuneigung auszudrücken. (98 Prozent dieser Personen drücken an keinem Tag ihre Zuneigung aus.)
Sogar 75 Prozent finden, der Valentinstag habe keine Bedeutung für die Liebe und sei ein rein kommerzieller Feiertag. (No shit, Sherlock!)
Rund 14 Prozent der Deutschen würden den Valentinstag lieber mit ihrem Haustier als mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin verbringen. (Im Saarland 84 Prozent.)
6) Andere Länder, andere Sitten
In Italien hängen Verliebte an Valentinstag Vorhängeschlösser – sogenannte Liebesschlösser – an Brückengeländer. Irgendwann sind die ganzen Schlösser zu schwer, gefährden die Brückenstatik und die Geländer müssen weggeflext werden. Was das für die zusammengeschlossenen Liebenden bedeutet, ist unbekannt.
In Japan ist es üblich, dass die Frauen die Geschenke machen. Vor allem dunkle Schokolade, die sie ihren Partnern oder Ehemännern überreichen. Aber auch Freunden, Verwandten, Kollegen und sogar Chefs. Ob letztere dazu Sexualpartner sein müssen, ist nicht überliefert. Einen Monat später sind die Männer an der Reihe und verschenken ebenfalls Schokolade. Allerdings nur weiße, die gemeinhin als minderwertigste Form der Schokolade gilt und von Schoko-Feinschmeckern verachtet wird.
Bei den Schweden gibt es keine Schoki zum 14. Februar, sondern rote Weingummi-Herzen. In Finnland wiederum ist der Valentinstag eine Liebeserklärung an die Freundschaft und hat den schönen Namen „Ystävänpäivä“.
Die polnische Stadt Chelmno gilt als die „Stadt der Liebe“ oder „Stadt der Liebenden“. Weil die dortige Pfarrkirche Maria Himmelfahrt eine Reliquie des heiligen Valentins besitzt: einen kleinen Teil seines Schädels. Verliebte, die es romantisch mögen, können am 14. Februar nach Chelmno reisen und sich ein Stück Totenkopf anschauen.
In Wales wird nicht der Valentinstag gefeiert, sondern schon am 25. Januar St. Durgnwen, die Schutzpatronin der Liebe. Zu diesem Anlass werden kunstvoll geschnitzte Holzlöffel verschenkt. So genannte Love Spoons, was sich wie eine Vanilla-Sex-Stellung anhört. Oder wie ein Fetisch-Toy für eine kinky Sex-Praxis. (Welche das sein könnte, denken Sie sich bitte selbst aus.)
Den wohl verrücktesten Valentinsbrauch gab es früher in Frankreich. Dort wurden per Los Valentins und Valentines bestimmt. Die mussten dann ein Jahr als Verlobte zusammenleben (Holy shit!). Da konntest du nur hoffen, dass du beim Valentin-Wichteln nicht Mundgeruch-Michel oder Schweißfuß-Jacqueline abbekommst. Kein Wunder, dass sich diese Tradition auf Dauer nicht durchgesetzt hat.
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In diesem Sinne wünsche ich allen einen schönen Valentinstag. Oder einen schönen Mittwoch. Oder ein schönes Ystävänpäivä.
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Christian Hanne, Jahrgang 1975, hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September erscheint sein neues Buch “Papa braucht ein Fläschchen”. Ebenfalls mehr als zu empfehlen sind “Hilfe, ich werde Papa! Überlebenstipps für werdende Väter”, “Ein Vater greift zur Flasche. Sagenhaftes aus der Elternzeit” sowie “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith”*. (*Affiliate-Links)